"Man fühlt sich ja zunehmend in alternativen Politikrealitäten. Was da draußen politisch passiert macht gefühlt einfach keinen Sinn mehr und ich dachte ich belege das mal kurz mit Zahlen.

Während der halbe Politikzirkus wie im Leerlauf damit beschäftigt ist sich immer noch an Asyl und Zuwanderung abzuarbeiten und der AfD damit zuzuarbeiten, sind die Asylzahlen längst komplett eingebrochen. Januar 2024 hatten wir noch über 26.000 Erstanträge, September 2025 waren es nur noch rund 9000. Die Statistik zeigt dabei einen zunehmend stabilen Trend, der allerdings mit der derzeitigen Regierung und ihrem teuren Aktionismus und populistischen Grenzkontrollen original GAR NICHTS zu tun hat.

Der Grund liegt darin, dass sich geographisch nahe Konfliktgebiete stabilisiert haben UND die EU sich auf entschlosseneres Handeln und entschiedenes Schließen der Fluchtrouten geeinigt hat. Das kann man finden, wie man will, aber klar ist: Das ist ein Erbe der Ampel. Auch die Grünen haben damals für die, für sie sehr unangenehmen Verschärfungen zugestimmt. Nicht zuletzt um wieder Ordnung in die Zuwanderung und Ruhe in Land und Diskussion zu bekommen.

Eigentlich ist das ein großartiger Beleg für die HANDLUNGSFÄHIGKEIT von Politik. Man hatte zum Ziel die Zahlen deutlich zu senken und man hat exakt das erreicht und die Asylzahlen in Deutschland rund gedrittelt.

Wir nähern uns der Marke von 100.000 Asylanträgen, die selbst von diversen konservativen Hardlinern als verträgliche Höchstmarke ausgegeben wurde. Warum also steigt die AfD immer weiter und das Thema ist mitten in Klimawandel, Investitionsstau, Wirtschaftskrieg und Kampf um Demokratie immer noch Top Mobilisierung für die AfD?

Nun. Da landen wir beim Konstruktivismus. Mein Studium hatte weiß Gott genug Inhalte. Und wenn mich jemand gefragt hätte, was aus meinem Studium am verkopftesten war und was ich ganz sicher NIE WIEDER anwenden werde, war das: Der Konstruktivismus.

Ich pack mal das ganze intellektuelle Geseier beiseite und machs so einfach wie möglich: Kontruktivismus sagt, dass es im Grunde gar keine ultimative allgemeingültige Wahrheit gibt, dass die Realität an sich ein Konstrukt ist, das uns unsere Sinne nur vorgaukeln. Daraus ergibt sich dann, dass jede und jeder von uns in einer anderen Realität lebt, weil kein Sinnesapparat und kein Gehirn dem anderen gleicht.

Wenn man Konstruktivismus so richtig hart durchzieht, kann das ein wenig anstrengend werden und man diskutiert final darüber, ob eine Wand existiert oder nur ein Konstrukt ist, das irgendwie komischerweise immer zu der Sinnenwahrnehmung „Schmerz“ führt, wenn man gegen sie läuft (talking of you Uwe!). Sagen wir so: Ich war damals so medi überzeugt, aber das Grundkonzept ist besser geeignet unsere heutige alternative Politikrealität zu erklären als irgendetwas anderes.

Faktisch haben die EU, der die Weltlage und die angeblich unfunktionale Ampel das Problem ungeregelte Zuwanderung größtenteils gelöst aber konstuktivistisch ist die überwiegende Wahrnehmung eine völlig andere!

Warum? Weil von AfD bis CDU und SPD alle damit beschäftigt sind die Problemwahrnehmung der AfD zu stützen. Weil sie ständig meinen sie müssten das „Problem ernst nehmen“ und zur „Mutter aller Probleme“ hochjazzen, es völlig grundlos im Wahlkampf bringen, darüber sogar das Verhältnis zu den Nachbarländern ruinieren WIRD DAS PROBLEM ERST KONSTRUIERT.

Alle AfD nahen Wähler kriegen täglich gespiegelt, dass das Problem SEHR, SEHR groß ist und so dringend und ernst, dass wir unsere Polizei an Grenzen stellen müssen die FAKTISCH gar nicht über die Zuwanderung entscheiden!

Und wenn Asyl und co. die „Mutter aller Probleme“ sind, dann werden sie nach konstruktivistischer Logik halt auch EXAKT so wahrgenommen. Kriminalität, Wirtschaftsprobleme, alles nur eine Folge, weil das eben ständig wiederholt und bestätigt wird.

Und deshalb kann man mit 99,9 % iger Wahrscheinlichkeit sagen, dass das Vorgehen der CDU ständig die „Probleme“ der AfD zu adressieren NICHT FUNKTIONIEREN KANN.

Was funktionieren WÜRDE ist ERSTENS die Probleme der Zuwanderung praktisch lösen und ZWEITENS den Aufmerksamkeitsraum mit anderen Problemen füllen für die man bestenfalls bereits Lösungsvorschläge hat. Wer die AfD kleinbekommen will, muss also ANDERE PROBLEME KONSTRUIEREN als die der AfD.

Wer die AfD kleinbekommen will, muss das Problem der sozialen Ungerechtigkeit als „Mutter aller gesellschaftlichen Probleme“ adressieren. Der muss den Klimawandel adressieren. Der muss die Erosion der Demokratie adressieren.

Aber für all diese Themen hat die CDU eben keine Lösungen und kein Programm und EXAKT DESHALB konstruiert sie dann halt im Fahrwasser der AfD weiter an Asyl- und Bürgergeldproblem, obwohl die Statistik nichts mehr davon hergibt. Dabei gewinnt aber nicht die CDU, sondern immer nur die AfD, weil bei so etwas immer der gewinnt, der am meisten versprechen kann, weil er sich am radikalsten von der mehrheitlichen Realität löst.

Das was die CDU gerade macht ist also nichts als ein AfD-Förderprogramm durch die künstliche Bestätigung alternativer Politikrealitäten.

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