Kategorie: Texte

Im Zweifel für den Zweifel / Zwischen allen Stühlen

Wie schön waren noch die Zeiten, als wir alle noch ab- und an falsch lagen und das auch zugeben konnten. Früher haben nur die Politiker keine Fehler gemacht. Heute, dank Social Media, sind wir alle irgendwie in der Öffentlichkeit.  Aber je besser dokumentiert wird, was wir mal gesagt haben umso weniger sind wir bereits einzugestehen, dass das falsch war. Statt dessen gehen die meisten dazu über umso histerischer und vehementer die eigene Meinung zu verteidigen. Egal wie falsch oder überholt sie inzwischen ist. So bilden sich dann Meinungsblasen und Lager und am Ende kann in dem ganzen Geschrei niemand mehr ohne Gesichtsverlust zurück.

Ich sammel daher auf dieser Seite einfach mal Logiken und Fakten, die sich an keine Blase halten und die vermutlich ungewohnt und kontraintuitiv erscheinen. Denn wenn der angeblich „gesunder Menschenverstand“ allzu häufig ziemlich ungesund ist, dann muss man Sachen mal neu denken. Man kann mir gerne Ergänzungen schicken, die ich dann durchleuchte und eventuell hier aufnehme. Manche Sachen hier fliegen wieder raus wenn sie nicht mehr aktuell sind – andere bleiben.

Einfach damit wir alle mehr zweifeln und weniger Überzeugungen als  „volle Wahrheiten“ raushauen.

Im Zweifel für den Zweifel.

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Wir brauchen jetzt die Corona-Impfpflicht!

Sagen wir so: Wir hätten sie deutlich früher gebrauchen können. Aber ob wir sie jetzt noch brauchen ist fraglich. Bisher zeigen ALLE Statistiken, dass Omikron deutlich weniger gefährlich ist. Alles deutet darauf hin, dass es enorm ansteckend ist und bei der Ansteckung wenig Unterschied macht zwischen geimpft und ungeimpft. Gleichzeitig sieht es so aus, dass es seltener die Lunge befällt und daher deutlich weniger tödlich ist. Allerdings kann Corona immer noch verdammt unangenehm sein. Viele haben doch erhebliche Symptome, die es locker mit einer heftigen Grippe aufnehmen können, gegen die es mit Grund durchaus auch eine Impfung gibt. Wenn eine Impfpflicht kommt, kommt sie zudem zu spät für die Omikronwelle, aber vielleicht rechtzeitig für den nächsten Winter. Im nächsten Winter wird es aller Wahrscheinlichkeit nach eine neue Variante geben (klappt bei der Grippe ja auch zuverlässig) und die könnte theoretisch wieder schlimmer sein. Andererseits steigt auch die Grundimmunität in der Bevölkerung – denn wer noch nicht geimpft ist kriegt jetzt ziemlich sicher Omikron. Daher: Es gibt eine recht gute Chance, dass Corona gerade eine recht normale Erkrankung wird und alle Länder, die uns zeitlich voraus sind berichten nicht über größere Probleme. Wer sich durch die Daten forstet wird merken: Die Nachverfolgung und selbst das Testen bricht europaweit nach und nach zusammen, bzw. läuft über aber in den Intensivstationen sinken die Zahlen in den meisten Ländern sogar. Spanien hat deswegen der EU auch inzwischen eine Politikänderung hin zu mehr Grippe und weniger Corona vorgeschlagen.

Fasst man das alles zusammen kann man sagen: Über die Impfpflicht kann man mit guten Gründen geteilter Meinung sein und ich fände z.B. eine Impfpflicht rein für vulnerable Gruppen also z.B. Ältere noch am ehesten erklärbar. Denn viele ursprüngliche Argumente für die Impfung gelten ja derzeit nur sehr eingeschränkt. Sie können theoretisch im nächsten Winter mit einer anderen Variante wieder gelten, das wissen wir aber nicht.

Sicher ist aber: Alles Studien der jüngeren Zeit haben ergeben, dass Menschen, die eine Coronaerkrankung durchgemacht haben, länger vor Ansteckung und einer schweren Erkrankung geschützt sind als Menschen, die „nur“ geimpft sind. Gleichzeitig ist sehr eindeutig, dass der Booster hilft, nur halt nicht so lang. Und es ist recht eindeutig, dass der beste Schutz Impfung + durchgemachte Infektion ist. In diesem Wissen nun die Zeit in der jemand als „genesen“ gilt von sechs auf drei Monate zu verkürzen (während die Schweiz verlängert) wirkt schon gewagt und ziemlich politisch.

https://www.handelsblatt.com/politik/pandemiebekaempfung-spanien-will-mit-neuem-ansatz-zurueck-zur-normalitaet-und-corona-wie-grippe-verfolgen/27964444.html?ticket=ST-1910938-tgIv9ybUbiAMDzSaVjxx-ap1

https://www.dw.com/de/faktencheck-ist-omikron-f%C3%BCr-geimpfte-ansteckender-als-f%C3%BCr-ungeimpfte/a-60351419

https://www.br.de/nachrichten/wissen/wirbel-um-verkuerzten-genesenenstatus-das-sagen-experten,SuyINJy

https://www.n-tv.de/wissen/Genesung-von-Delta-wirkungsvoller-als-Impfung-article23070824.html

https://www.merkur.de/welt/omikron-symptome-corona-infektion-studie-norwegen-schweregrad-news-91238996.html

 

Das sind doch nur Wirtschaftsflüchtlinge!

Wir leben im Kapitalismus. ALLES ist Teil der Wirtschaft, damit kann auch jeder als Wirtschaftsflüchtling diskreditiert werden. Und was genau ist daran böse wenn jemand ein besseres Leben sucht? Was war mit unseren Vorfahren die in die USA ausgewandert sind? Was mit Ostdeutschen, die nach Westdeutschland rüber sind? Was mit Menschen, die innerhalb der EU den Jobs hinterherziehen? Was wenn jemand vom Dorf in die Stadt zieht, weil er da mehr verdient? Alles irgendwie Wirtschaftsflüchtlinge, oder nicht? Migration war immer schon ein wichtiger Teil des menschlichen Zusammenlebens und ist bis zu einem gewissen Maße sogar überlebenswichtig und positiv für die Gesamtgesellschaft und wir sind mitschuldig am Leid vieler, die zu uns kommen wollen, weil wir z.B. deren Meere leerfischen oder den Klimawandel befeuern.

https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-im-libanon-letzte-hoffnung-europa-100.html

https://www.medico.de/auf-der-flucht-16522

 

Wir könnten alle Grenzen komplett aufmachen, da würden trotzdem nicht mehr kommen!

Kann man wunderbar in jeder Diskussion behaupten, hat nämlich aus guten Gründen noch keiner probiert. Ist aber logisch nicht nachvollziehbar. Die USA hat unter Biden kurze Ansätze gehabt, etwas mehr aufzumachen, sofort kam es zu einem Ansturm. Und wie sollte es auch anders sein. Das Leben in den USA und noch mehr in Europa ist aus der Ferne so enorm viel sicherer und monetär reicher, dass es alle Angst überstrahlt. Und mit jedem Menschen aus einem Land der schon hier ist, steigt der Anreiz für andere aus demselben Land auch hierher zu kommen. Man sieht in Social Media wer es alles schon geschafft hat, wobei die, die es schon geschafft haben, natürlich nur ein positives Zerrbild posten, um nicht als Verlierer dazustehen. Und vielleicht am wichtigsten: Je mehr der eigenen Kultur, Sprache, Netzwerke schon am Zielort ist, umso weniger muss man sich umstellen! Insofern ist nicht zu erwarten, dass massenhafte Migration ein natürliches Ende hat, außer natürlich einer Angleichung der Lebensverhältnisse in beiden Ländern. Insofern: Hätte Europa keinen Flüchtlingsdeal mit der Türkei gemacht, wäre ich mir ziemlich sicher, dass heute circa 3 Mio. weitere Syrer in Europa wären – was menschlich absolut nachvollziehbar ist.

https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2016/fup_16_379-soziale-medien-deutschlandbild-fluechtlinge/index.html

https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-im-libanon-letzte-hoffnung-europa-100.html

https://www.medico.de/warum-menschen-fliehen-16487

 

Die Nachbarländer von Syrien haben viel mehr Menschen aufgenommen, was weinen die lächerlichen Almans so rum!

Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man Menschen aus einem ähnlichen Kulturkreis und mit sehr ähnlicher Sprache aufnimmt oder aus einer sehr fremden Kultur. Und all die Nachbarländer haben die Flüchtlinge häufig genug auch recht unwillig aufgenommen und ächzen unter der Last. Irak brauch ich nicht viel zu sagen, Libanon ist auch durch die Flüchtlingssituation inzwischen selber ein Failed State, in der Türkei gibt es erhebliche Spannungen, Jordanien kann die Mammutaufgabe nur durch Hilfen aus, vor allem auch – genau – Deutschland stemmen. Ich find die Aussage daher immer etwas unglücklich. Sich mit Ländern am Rande des Zusammenbruchs zu vergleichen ist ähnlich klug wie zu sagen: Guck mal die Mathearbeit ist gar nicht so schlimm, von der letzten Klasse haben nur 70% einen Nervenzusammenbruch gehabt! Angesichts unseres Reichtums sind wir absolut angehalten zu helfen aber wir können auch irgendwann nicht mehr helfen wenn der gesellschaftliche Frieden unter Millionen von Flüchtlingen zusammenbricht.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-12/fluechtlinge-jordanien-mafrak-baschar-al-assad-syrienkrieg-armut-verhaftungen

https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-im-libanon-letzte-hoffnung-europa-100.html

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/libanon-fluechtlingskinder-syrien-101.html

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/fluechtlinge-tuerkei-151.html

https://www.dw.com/de/fremdenhass-gegen-migranten-und-ausschreitungen-in-ankara/a-58849741

https://www.welt.de/politik/deutschland/article234921964/Libanon-Wer-nur-Fluechtlinge-unterstuetzt-verstaerkt-Spannungen.html

 

Todesstrafe ist hart für den Täter aber gut für die Angehörigen der Opfer.

Nein. Abgesehen von Inhumanität und der Gefahr, dass ein Unschuldiger vom Staat hingerichtet wird, ist die Todesstrafe weitgehend wirkungslos. Sie hat keine abschreckendere Wirkung als Gefängnis. Sie ist aber sogar für Angehörige von Nachteil. Inzwischen haben genug Studien belegt, dass die Angehörigen des Opfers vor allem eine Chance haben zur Ruhe zu kommen wenn der Täter Reue zeigt. Ein toter Täter kann keine Reue zeigen. Und ein großer Anteil der Morde wird innerhalb von Familien begangen. Wie genau soll es dann dem Seelenfrieden der Angehörigen helfen wenn noch einer aus der Familie unwiederbringlich stirbt?

The Closure Myth

https://www.amnesty.ch/de/themen/todesstrafe/mythen-der-todesstrafe

 

Willkommen bei der postfaktischen Empörung

Bis vor einigen Jahren hatte Empörung noch etwas unangenehm exklusives. Damit man in seiner Empörung ernstgenommen wurde, musste die Empörung zumindest ansatzweise auf tatsächlichen Fakten oder Kausalketten fußen. Es ist daher als großer Fortschritt in der Verfügbarmachung der Empörungskultur für Jedermann, Jederfrau und Jederdivers zu betrachten, dass diese unnötigen Fesseln der Realität in der postfaktischen Empörung komplett gelöst werden konnten.

So kann man sich heute, von Millionen beklatscht, völlig ernsthaft darüber empören, dass einem „DIE GRÜNEN“ das Auto, bzw. natürlich insbesondere den SAUBEREN DIESEL, wegnehmen wollen. Nun sind die Grünen der Neuzeit eine, angesichts der bereits im Vorgarten wütenden Klimakrise, und komplett verstopften Städten in der aufziehenden Post-Corona Stauapokalypse, merkwürdig lauschige „sollten-wir-echt-mal-drüber-reden“-Partei. Aber das hindert die postfaktische Empörung natürlich nicht daran sie als radikale Ökonazis an die Wand zu malen und als „Verhinderungspartei“ zu brandmarken. Und so den kompletten Diskurs wie beim Preismarketing in eine postfaktische Richtung zu verschieben. Denn wenn die Grünen schon radikal sind, wäre ja alles was wirklich ernsthaft konsequent ökologische Politik betreiben wollte, postfaktisch kompletter Wahnsinn. Obwohl es faktisch angesichts der drängenden Probleme vor allem folgerichtig wäre. Während also CDU / CSU / AfD und co. Erneuerbare Energien, Verkehrswende, Digitalsteuer, Transparenzinitiativen, Datenschutz und Digitalisierung*, Genossenschaften, Anwohnerinitiativen, Radfahren und noch vieles mehr ganz faktisch und nachweisbar verhindern, wollen postfaktisch die Grünen, die Linken, die „Progressiven“ angeblich alles verhindern und DIR DEIN AUTO WEGNEHMEN.

Und dann grölt schon der Mob: „DIE GROßSTÄDER WIEDER!“ – „WIR AUF DEM LAND BRAUCHEN AUTOS“ – „WIE SOLL JETZT DER HANDWERKER MEIER IN DIE STADT?“ – „POLIZEI OHNE AUTOS, WIE SOLL DAS GEHEN?“ – „UND DIE BEHINDERTE TANTE ERNA? DARF JETZT ZU FUß GEHEN ODER WAS?

Das witzige daran: Keine, der Aussagen aus dieser selbstgerechten Empörung fußt auf irgendeiner faktischen Realität. Autos sollen angesichts des begrenzten Raumes in den STÄDTEN zurückgedrängt werden und NICHT auf dem LAND. Wenn weniger Menschen Vergnügungstouren mit dem Auto in der oder in die Stadt machen ist tatsächlich mehr Platz für Handwerker Meier und Tante Erna. Denn auch denen will natürlich niemand die Autofahrt verbieten. Lieferverkehr ist bei fast allen Maßnahmen ausgenommen. Und Polizei und Feuerwehr kommen auch besser durch, wenn nicht gerade ein dicker SUV, mit überfordertem Vorstädter drin, die Straße blockiert.

Aber das ist alles egal in Zeiten der postfaktischen Empörung. Du kannst sicher sein, dass millionenfach in deinen Chor der Empörung eingestimmt wird. Nicht weil du recht hast, aber weil die Anderen WOLLEN, dass du recht hast, damit sie sich nicht selbst hinterfragen müssen.

Und diese Empörungsunkultur wird dann wiederum geschickt von Think-Tanks aller Art genutzt. Übrigens in allen Richtungen. So gibt es eine Gruppe, die Streaming zum neuen Fliegen erklären möchte. Streaming ist tatsächlich für einen Großteil der CO2-Emissionen des Internets verantwortlich und ein stetig steigender Posten. Aber die Zahlen wurden von dieser Gruppe weil sie was für den Klimaschutz tun wollte (oder auch einfach nur geil auf Aufmerksamkeit war) soweit aufgeblasen, dass teilweise locker das zweihundertfache der Realität angenommen wurde und Netflix angesichts der in der postfaktischen Realität anfallenden Stromkosten längst pleite sein müsste. Nun sind Netflix und co. verständlicherweise an effizienten Servern interessiert und das Umweltbundesamt kam denn auch zu komplett anderen Ergebnissen. Dabei hatten sich Dieter Nuhr und co. schon so gefreut über ihre verlogenen Fridays-For-Future Gören, die mit ihrem Handystreaming angeblich den Planeten ruinieren. Nur müsste man in realistischen Zahlen 13 Stunden lang Videos von Greta auf dem Handy in höchster HD-Qualität unterwegs über das mobile Netz streamen, um soviel CO2 zu emittieren wie der SUV vom empörten Onkel auf einem Kilometer. Und ich weiß ja nicht wie es euch so geht, aber bei meinem Smartphone macht spätestens nach 1 Stunde Streaming der Akku schlapp und nach 2-3 Stunden sind die Daten alle. Der SUV ist dann knapp über 200 Meter gefahren. Damit kommt man nicht mal zum nächsten Zigarettenautomaten, um nach der ganzen geilen Empörung wieder runterzukommen.
Aber diese anstrengenden und öden Zahlen von den Langweilern des Umweltbundesamts haben keine Chance gegen die postfaktischen Zahlen des Öko-Empörungs-Thinktanks, die sich längst in den Köpfen eingenistet haben. Denn wahr ist nicht was realistisch ist, wahr ist worüber sich schön empören lässt. Und wenn man das einmal im Hinterkopf behält, ist das Verschwörungsschwurbeln, also das Empören über Dinge, die nicht mal der linke oder der rechte Mainstream falsch versteht, gar nicht mehr so weit entfernt. Eigentlich ist es nur eine logische Fortenwicklung des „Ich mach mir die Welt so, wie sie mir nicht gefällt“ damit ich mich maximal EMPÖREN kann. Denn postfaktisches Empören ist so eine wunderbare inklusive und selbstgerechte Emotion. Jede(r) kann teilhaben und leise flüstert sie: „Komm zu mir und du bist nie wieder an irgendwas mitschuldig! Nie wieder verantwortlich sein, immer sind es die anderen, Daten, Fakten, Kausalitäten alles egal – klingt das nicht verlockend?“ Die „Mitte“ der Gesellschaft ist also allzuhäufig gar nicht so weit von den Verschwörern entfernt, was auch erklärt warum die absurden Verschwörungsmythen so erstaunlich anschlussfähig sind.

Noch ein schönes Beispiel für scheiternde postfaktische Kausalketten findet man in der Landwirtschaft. Hier hat sich über Jahrzehnte eine harte Front zwischen Umweltschützern und Bauern gebildet. Die faktisch betrachtet keinen Sinn machen dürfte. So stilisieren sich Bauern als die verfolgte Unschuld vom Land, die als Umwelt- und Landschaftsschützer doch eigentlich den Beifall der Umweltschützer bekommen müssten. Und gleichzeitig haben sich die eigenen Bauernverbände dem Mephistopheles der industriellen Landwirtschaft angedient, und „zwei Herzen schlagen ach in ihrer Brust“ aber immer wenn es drauf ankommt verraten sie all die kleinen Landwirte und sorgen zusammen mit der „Bauernpartei“ CDU dafür, dass heute bäuerliches Familienleben kaum mehr möglich ist und Landwirtschaft immer mehr Industrie wird. Der eigentlich Feind bäuerlicher Landwirtschaft waren zu keinem Zeitpunkt Grüne oder Umweltschützer, die immer und zu jeder Zeit an einer kleinräumigen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft mit hohem Arbeitsaufwand interessiert waren. Die Feinde bäuerlichen Lebens sind die großen Industriebetriebe, Chemiekonzerne, gierige Großbauern, die Union, eine völlig verfehlt Subventionspolitik der EU und die Billigheimerei der Discounter und der Verbraucher. So räumen die Landwirte unter Applaus ihrer falschen Freunde die Landschaft mit großräumigen Monokulturen aus und sind dann empört wenn man sie dafür kritisiert. Und bauen immer mehr Hass auf genau die Großstädter auf, die sie angeblich nicht achten würden, aber die ganz faktisch tatsächlich bereit sind mehr Geld für gute Lebensmittel auszugeben und NICHT zum Discounter gehen. Und dann gründen verzweifelte Großstädter Lebensmittelkooperativen und graben am Wochenende selber im Boden, weil sie wissen wollen was sie da essen, während der letzte bäuerliche Landwirt der Umgebung Nacht für Nacht schlecht schläft, weil die Preise für seine mühsam erschufteten Lebensmittel hinten- und vorne nicht reichen. Aber all sein Wut und seine Empörung ergießt sich auf die „verlogenen“ Umweltschützer aus der Großstadt. Dabei müsste er eigentlich seinen Bauernpräsidenten zum Teufel jagen und den Discounter abfackeln, um nicht in billiger Milch zu ertrinken.

Aber auch für alle, die keinen Diesel verteidigen müssen oder in der Landwirtschaft beschäftigt sind, hat die postfaktische Empörung ein Angebot. Denn es gilt jederzeit: Hast du nix zum empören, empör dich doch über Worte!
Hat der am Anfang etwa „Jederdivers“ geschrieben? Was ist denn das schon wieder für ein abendlandzersetzender Genderwahnsinn? Und von der anderen Seite: Hat der etwa einfach so „Frau“ oder „Mann“ geschrieben? Das gibts doch so gar nicht mehr! Und wenn schon dann cis-Mann, aber dann wären wiederum die anderen nicht genannt und im Text sind gar keine weiblichen Endungen. Das lässt ja tief blicken, wobei weibliche Endungen ja schon wieder von gestern sind, besser wäre ja eigentlich ein unbestimmter Artikel, das Neutrum und dann sollte man auch über, und eigentlich und was man noch erwähnen und bei divers sind denn da, und sollte man nicht explizit….

Denn man hofft ja, dass in all diesem postfaktischen Empörungswahnsinn wenigstens die ominöse „Linken“ oder die „Progressiven“ mit realistischen Zahlen und Kausalketten agieren, muss man leider sagen: Das tun einige auch ab- und an. Aber viele sind einfach so beschäftigt im Kampf um Worte, dass für Zahlen und Kausalitäten einfach keine Zeit mehr bleibt. Dabei bräuchten wir dringend vor allem weniger Kulturkampf und mehr Kampf für Faktisches. Von beiden Seiten. Ob und konservativ oder progressiv. Sinnvolle Diskussionen sind wenig von dem exakt richtigen Wort als vielmehr von der Einigung auf richtigen Dimensionen und Kausalketten abhängig. Aber das ist halt mühsam und da muss man im Kleinklein recherchieren, statt einfach mal ne Meinung rauszuhauen und sich schön postfaktisch zu empören.

Und ach dann googelt man da so und das ist jetzt ja auch so ein bisschen langwierig und sag mal hat da etwa jemand was zu Autos geschrieben? Das ist ja wohl EMPÖÖÖÖÖREND!
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Und damit Euch nun viel Spaß beim Empören über den Blödsinn den der Captain da geschrieben hat! 😉
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Zum Streaming hier mal die realistischen Zahlen und Quellen vom Umweltbundesamt und die detaillierte Auseinandersetzung der IEA mit den „Kampfzahlen“ eines Thinktanks. Übrigens hat dabei selbst die IEA die CO2-Emissionen noch zu hoch angesetzt und so kommen die Kampfzahlen des Thinktanks fast noch gut weg.

https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/video-streaming-art-der-datenuebertragung
https://www.iea.org/commentaries/the-carbon-footprint-of-streaming-video-fact-checking-the-headlines

Warum ein neuer Strafenkatalog im Straßenverkehr mehr als überfällig ist

Treffen sich drei Krokodile. Sagt das erste: „Mann ich hab gestern einen E-Bike-Fahrer gefressen, der lag mir so schwer im Magen, ich konnte den ganzen Tag nicht mehr schwimmen“.

Sagt das zweite: „Das ist ja noch gar nichts. Ich habe vor zwei Wochen einen Porsche-Cayenne-Fahrer gefressen, der lag mir so schwer im Magen, ich kann heute noch nicht wieder schwimmen.

Sagt das dritte: „Das ist überhaupt nichts. Ich habe gestern Andreas Scheuer gefressen, der war so hohl ich kann seitdem nicht mehr tauchen!“

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Dieser Witz ist so dilettantisch modernisiert wie die Politik von Andreas Scheuer. Der hat mal eben 500 Mio im Mautdesaster versenkt, sein Handy zufällig gelöscht, eigentlich für den Radverkehr gedachte Bundesmittel für den Bau von Umgehungsstraßen eingesetzt – und nun also auch noch eine Überarbeitung des Strafenkatalogs im Straßenverkehr versaut. Und knickt dann beim ersten Protest sofort begeistert ein. Denn eigentlich wollte er die Strafen halt auch nicht wirklich erhöhen.

Dabei sind die Strafen im internationalen Vergleich ein schlechter Witz und zudem auch weitestgehend unwirksam. Innerorts kann man mit 84 rasen – ein Tempo, das kein Radfahrer oder Fußgänger beim Aufprall überlebt – außerorts kann man bis zu 44 km/h schneller sein, mit tödlichen 144! über die Bundesstraße ballern und alles was man zahlen muss sind – ACHTUNG – 120€. Also circa 1mal volltanken vor Corona.

Und das in Zeiten, in denen fast jeder Blitzerapps und -Warner hat. Und es selbst im öffentlichen Rundfunk zum „Service“ gehört die mobilen Blitzer (hoffentlich) von der Freisprechanlage aus durchzusagen. Was noch mal eine ganz eigene Absurdität ist. Da muss sich der professionelle Raser ja fast schon anstrengen, um ÜBERHAUPT MAL geblitzt zu werden.

Ich fahre seit vielen Jahren neben Fahrrad und ÖPNV auch und immer mal wieder Auto. Ich bin viermal wegen Blödheit geblitzt worden. Immer so 5-8 km/h zu schnell. Zweimal weil ich ohne Nachzudenken innerorts einfach im Verkehrsfluss mitgefahren bin und die Grüne Welle bei den Ampeln erwischen wollte. Und der Verkehrsfluss in deutschen Städten liegt nunmal bei 60+x km/h und so einige Grüne Wellen gehen auch GENAU davon aus. (Da bin ich mir sehr, sehr sicher auch wenns natürlich keiner zugibt.) Zweimal bin ich in Tempo-30 Zonen geblitzt worden, die ich zu spät bemerkt habe, oder bei denen ich mir nicht sicher war.

Und genau das sind dann auch schon die Punkte, die geklärt werden müssten, damit neue, härtere Strafen fair sind: ENDLICH wirklich konsequent Ampeln, Fahrbahnbreiten und co. so auslegen, dass der Verkehrsfluss das Tempolimit NICHT überschreitet. Es ist doch absurd, wenn man z.B. in Hamburg partiell 60-70 fahren muss, um beim Einfädeln überhaupt in den Verkehr auf den Hauptstraßen zu kommen. Es darf sich schlicht nicht lohnen zu rasen. Und ENDLICH wirklich durchgehend alle Tempo-30 Zonen richtig gut und eindeutig markieren.

Und wie wäre es z.B. Strafen einfach mal am Einkommen zu orientieren? Finnland macht es vor. Denn derzeit sind die Strafen für den Cayenne oder X5-Fahrer schlicht Portokasse während sie dem lohngedumpten „Servicedienstleister“ der deutschen Post bereits RICHTIG weh tun.

Und wenn gewährleistet ist, dass die Strafen sozial fair sind und Limits sauber markiert wird, muss ich einfach mal sagen: Blödheit und das Riskieren von eigenem und vor allem dem LEBEN anderer sind keine Grundrechte.

Wer es dann noch schafft mit 54 in der Tempo-30 Zone (mit denen er ja auch bei 50 km/h Tempolimit zu schnell wäre!), 74 km/h innerorts oder 129 km/h außerorts zu fahren UND in den Blitzer zu rasen: Sorry, aber der hat sich sein Fahrverbort halt auch redlich verdient.

Denn vor Eurer Motorhaube befinden sich Radfahrer und Fußgänger und andere Autofahrer mit deren Leben IHR spielt.

Euer Captain Futura.

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Captain Futuras Arbeit unterstützen: https://www.patreon.com/user?u=32965554

Alzheimer der Woche – Corona in den Schlachthäusern

Mal kurz zur Alzheimer-Diskussion der Woche: Coronaausbreitung wegen schlechter Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen.

Dazu die Lösung von Vegetarierbund und der Taz: Esst weniger Fleisch! (oder am besten keins)

Und ich find das ja grundsätzlich sympathisch. Allerdings hatten wir nicht vor circa 30 Tagen die Diskussion um Spargelstecher und deren schlechten Arbeitsbedingungen? Und war da dann auch die Lösung: Esst weniger Spargel! (oder am besten keinen)?

Für mich bleibt bei diesen Diskussionen meist das Gefühl zurück: Jeder hat seinen Punkt gemacht. Sache erledigt.

Nur geändert hat sich natürlich nix. Und ist das dann die Lösung: Alles boykottieren, was irgend jemand pervertiert? Bis man dann halt irgendwann nix mehr kann? Wenn ich mal so alle Dinge im Kopf aufzähle, bei denen ich boykottieren sollte oder beim Kauf drauf achten: Ich wäre stundenlang beschäftigt und mein Einkaufskorb wäre immer noch leer.

Denn falls es mal eine Lösung gibt ist die Lösung im Regelfall ein neues Label. Weil Label sind immer toll. Vor allem wenn sie möglichst schlaff sind. Kannste aufs Produkt drucken, haste Werbeeffekt, alle sind beruhigt, tadaa. Sind wir eigentlich schon dreistellig bei den Labeln? Ich frag nur mal.

Denn das ist ja der schicke Dreh: Etwas was eigentlich in den staatlichen Einflussbereich fällt wird mal so flugs zum Verbraucher rübergeflankt. Du, Verbraucher, sei mal grün und mach das Ding rein, ja?! Danke, toll, super, du! Die Ministerin dankt!

Der Verbraucher hat aber vielleicht gar nicht das Wissen. Die Intelligenz. Den Bock. Oder schlicht das Geld. Weil Hartz IV. Der würde vielleicht gern, aber scheitert am Bio-Freiland-ohne-Gentechnik-aber-wirklich-genug-Auslauf-was-ist-eigentlich-mit-den-Männchen-lässt-man-die-auch-leben-?-Ei.

Denn viel aufschlussreicher war eigentlich eine Randnotiz, ich meine im Spiegel wars: „Die Behörden wurden angewiesen, bei den Arbeitsschutzbedingungen in den Schlachthäusern wirklich genau hinzuschauen“. Ein kleiner Nebensatz, leicht zu überlesen.

Aber wenn man ihn bemerkt, fragt man sich plötzlich: Was haben die denn vorher gemacht? Nicht so genau hingeschaut? Vielleicht sogar gar nicht hingeschaut? Und das als Wirtschaftsförderung verkauft? So wie eine schwarzgelbe Landesregierung in Niedersachen mal 100 Wirtschaftsprüfer „reduziert“ hat, um die Wirtschaft zu fördern? Also anders gesagt: 100 Kontrolleure eingespart hat, um den Firmen zu ermöglichen, sich ungestraft illegal zu verhalten, damit die nicht abwandern?

Und dann fragt man sich plötzlich: Könnte es sein, dass der Staat im Namen der freien Marktwirtschaft sich einfach so weit zurückgezogen hat, dass da so ein bisschen Wildwest ist?* Und dann hat man ein schlechtes Gewissen bekommen und um das zu beruhigen: Label drauf, der Verbraucher machts!

Denn in der freien Marktwirtschaft ist Mensch und Tier schlicht ne Zahl. In den Schlachthäusern ist Tier eine positive Zahl und Mensch eine negative. Also Tiere möglichst hoch und Mensch möglichst weit runter. Das führt in beiden Fällen zum Zusammenpferchen und Ausbeuten. Und endet in einem Fall sicher und im anderen ab- und an tödlich. Denn Seele hat halt leider keinen Zahlenwert.

Leider kommt aber keiner auf die Idee in all den schicken Pressemitteilungen anzumerken, dass vielleicht der Grund hinter allem ist, dass wir uns in den letzten 20-30 Jahren zunehmend diesem verrückten angloamerikanischen Modell der Wildwestmarktwirtschaft unterworfen haben. Und dass, wenn eben nur das Geld zählt, am Ende irgendwer immer unnötig leidet. Und ganz sicher der Planet.

Aber hey. Der Verbraucher wirds richten! Der GRÜNE Verbraucher. Doch, doch. Denn der Verbraucher soll sich plötzlich NICHT nach der freien Marktwirtschaft richten sondern immer und überall trotz nicht vorhandener Transparenz allwissend, weise, sozial und grün entscheiden. So. Und ich warte jetzt auf das nächste folgerichtige Label demnächst auf den Fleischverpackungen.

Das MENSCHWOHLLABEL! Das Tier wurde von glücklichen Arbeitern in gesunden Haltungsbedingugen geschlachtet. Sie bekommen dank deinem freiwilligen Mehrbeitrag von 10 Cent sogar Schutzbekleidung bei ihrer Arbeit. Das Label gibts in bronze, silber und gold. Keiner weiß was die Farben bedeuten, aber es sieht verdammt cool aus!

Guten Appetit,
Euer Captain Futura (gerade etwas polemisch – sorry dafür, es musste kurz raus, er kauft natürlich weiterhin trotzdem möglichst grün ein, der Captain)
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*Also natürlich nur bei den großen Schlachthäusern, denn die kleinen Landschlachtereien, die hat man mit absurd überzogenen Hygienevorschriften erstmal kaputt gemacht.

DIE VERSCHWÖRER

Hallo VERSCHWÖRER: Ich wäre so gerne die kritische Mitte aber ihr lasst mich nicht.

Ich hab mich die letzten Tage gefragt was mich eigentlich so ärgert an all den Verschwörungstheorien und den Antworten der „Mehrheitsgesellschaft“ darauf. Denn die Theorien an sich sind irgendwo zwischen lächerlich, traurig und lustig aber eben zu wirr um Mehrheitsmeinung zu werden. Es ist auch nicht zu erwarten, dass von heute auf Morgen die öffentliche Meinung kippen und demnächst Xavier Naidoo zum Kanzler gewählt wird und Attilla Hildemann zu seinem Gesundheitsminister ernennt.

Was mich wirklich ärgert ist, dass DIE VERSCHWÖRER jede differenzierte Kritik mit verseuchen. Dass DIE VERSCHWÖRER es mir und anderen, die versuchen sich ihre eigene unabhängige Meinung zu bilden, fast unmöglich machen Regierung und Wirtschaft auf rationaler Ebene zu kritisieren. Dass jede WIRKLICHE Verschwörung vor ihren absurden Szenarien verblasst und ihren Schrecken verliert.

Denn das ist der wahre Schaden den sie anrichten: Dass sie berechtigte Kritik mit in ihren idiotischen Wahnsinn ziehen und Autolobbyisten mit Dauerkarte für den Bundestag plötzlich wie ein Kavalierdelikt erscheinen. Ach komm, die quälen Kinder um Hormone zu gewinnen, was interessiert mich da der Lobbyismus?

Denn der Witz ist ja, die echten, die wirklichen Verschwörungen: Die passieren direkt im hellen Tageslicht vor unseren Augen. Da werden Gesetze von der Industrie in die Feder des Gesetzgebers diktiert, Firmen erpressen sich Steuernachlässe und staatliche Hilfen, Pestizide werden nicht verboten obwohl seit Jahren bekannt ist, dass sie die Insekten und Vogelwelt vernichten, in den Supermärkten steht mit Fett und Zucker vollgepumpter Dreck aber keine Ernährungsampel und wir pumpen weiter tonnenweise CO2 in die Luft obwohl wir wissen, dass der Klimawandel die größte Bedrohung der Neuzeit ist. Und jede verdammte Autobahn: Am Ende wird sie immer gebaut.

Aber dann kommen DIE VERSCHWÖRER, schwafeln vom Widerstand gegen die Corona-Politik, von der CO2-Lüge, Reptiloiden und unaussprechlichen Worten aller Art und die berechtigte Kritik geht unter im FÜR ODER GEGEN MERKEL!

Und plötzlich fühlt man sich gedrängt jetzt seinerseits die Arbeit der Regierung zu unterstützen – dabei findet man vieles, was die macht, auch gar nicht so weit vom Wahnsinn entfernt. Ja, Merkel macht in Krisen meist einen guten Job aber dazwischen macht sie halt leider meist nix und das ist angesichts der drängenden Probleme tatsächlich ziemlich verrückt. Wir haben einen Wirtschaftsminister, den Arbeitgeber- UND Arbeitnehmerverbände für komplett unfähig halten und der ABSICHTLICH nach- und nach alle Erneuerbaren Energien kaputt macht. Einen der wichtigsten neuen Wirtschaftszweige in Deutschland. Dieser Riesenidiot ist plötzlich wieder BELIEBT weil er jetzt für Stabilität steht. Teile der CDU halten CO2 für einen harmlosen Pflanzendünger, bei Olaf Scholz und seinem neoliberalem Nonsens will ich gar nicht erst anfangen und Andreas Scheuer hebt Dilettantismus auf ein Niveau außerhalb des bisher bekannten Universums.

Und dann postet der Freundeskreis Unterstützung für diese Regierung. Weil DIE VERSCHWÖRER halt noch viel wahnsinniger sind. Und man nicht zu denen gehören möchte.

Und plötzlich versteht, dass all die VERSCHWÖRER einen wahnsinnig guten Job für das System machen. Weil sie letztlich von den wahren Mauscheleien ablenken und den Versuch echte Verschwörungen aufzudecken in Misskredit bringen. Und so stehen denn auch Grüne und Linke auf verlorenem Posten da. Irgendwie plötzlich gezwungen die Regierung geil zu finden dabei wissen sie ganz genau, dass da so einiges schief läuft. Aber man will ja kein VERSCHWÖRER sein. Und das macht mich einfach verdammt wütend.

Und meine Wut gilt dabei weniger den Opfern all dieser kranken Theorien sondern den Urhebern. Dieser unheiligen profitgeilen Allianz aus Youtube und den Kommerzverschwörern von Kopp-Verlag und co. Der Deal lautet: Wir sorgen für ordentlich Screentime von angefixten Verschwörungsopfern, ihr lasst uns machen und Bücher und Gedöns fürs Ende der Welt verkaufen.

Und so schwächen sie aus persönlicher Profitgier den zivil möglichen Widerstand und werden damit zu Wegbereitern der Diktatur, die zu verhindern sie vorgeben bzw. die es nach den Theorien DER VERSCHWÖRER längst gebe aber die bisher natürlich nur in ihren Köpfen existiert.

Und wir stehen weitgehend hilflos daneben und schauen zu wie ein Prominenter nach dem anderen der Idiotie zum Opfer fällt – wohl wissend, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist.

Denn die Theorien sind so verdammt verlockend. Endlich mal nicht schuld sein flüstert Ken Jebsen! Der Mann der eine ganze Karriere darauf aufgebaut hat Dinge „nicht“ zu sagen und bei dem sogar ich vor Jahren mal bei einigen Kommentaren dachte: Hat er vielleicht recht? Denn schuld sind bei Ken und co. immer die Anderen. Die Politik, die Wirtschaft, die Sonne, die Wissenschaft – nur nicht wir. Wir sind unschuldig. Unser Auspuff trägt nicht zum Klimawandel bei, den gibts doch gar nicht! Wir tragen nicht zum Zerfall der Demokratie bei, weil wir uns nicht engagieren, denn die Demokratie? Die gibts doch gar nicht!

Und Google, Amazon, Monsanto, Ölkonzerne, Rupert Murdoch und all die tatsächlich korrupten Politiker können sich freuen. Denn wenn irgendwann alles geglaubt oder nicht geglaubt wird können sie sich irgendwie auch alles erlauben und die echten investigativen Journalisten und die aufrechten Wissenschaftler und Demokraten stehen hilflos daneben. Und der gesellschaftliche Fortschritt kommt unter die Räder weil jeder sinnvolle Konsens, wie z.B. dass es den Klimwandel gibt und wir was tun müssen, ohne Not zerlegt wird. Bald kommen dann noch Deepfakevideos dazu und einem wird ganz schwindelig bei dem Gedanken daran, was man damit alles glaubhaft machen könnte.

Denn das ist der wahre Wahnsinn an DEN VERSCHWÖRERN: Ihre Anarchie der Logik, ihr Zersetzen und Diskreditieren einer wachen, einer mitdenkenden demokratischen Gesellschaft stärkt schlussendlich die wahren Verschwörungen unser Zeit und schwächt die Demokratie und Mitbestimmung. Und erreicht damit genau das Gegenteil von dem, was sie vorgeben erreichen zu wollen.

Dabei wäre es so einfach sie aufzudecken man muss sich einfach nur mal im Geiste der Verschwörungstheoretiker fragen: Was bringt es eigentlich dem Kopp-Verlag und co. diese Theorien zu befeuern? Ah, oh, KAUF DIESES BUCH die haben da eine ganze Wirtschaft darauf aufgebaut und arbeiten über Bande mit Google zusammen…DEIN HEILMITTEL HIER IM ABO…interessant…

Daher: Bleibt kritisch, bleibt laut, aber hinterfragt auch die, die hinterfragen. Auch und natürlich mich.

Euer Captain Futura

Angela

Du lächelst. Aber ich sehe kein Lächeln. Ich sehe ein Maske. Und dahinter? Die ideen- und visionslose Leere einer Zeit in der sich die Politik längst zum Erfüllungsgehilfen des Status Quo gemacht hat des „irgendwie-weiter-so“. Du hast ein Monster geschaffen Angela. Ein Monster, dass sich Realpolitik nennt. Ein Monster, dass alle Visionen, Ideen und Richtungen mit einem Lächeln frisst und doch gesichtslos bleibt. Aber du sitzt einfach da, lächelst und sagst dass doch alles gut ist und dass es uns gut geht. Nein Angela, nichts ist gut. Gar nichts. Es geht mir auch nicht gut. Doch, vielleicht geht es mir gut. Eigentlich sogar sehr gut. Aber da draußen vor der Tür sind hunderttausende, Millionen, Milliarden Menschen denen geht es gar nicht gut und denen wird es noch viel schlechter gehen. Genau wie uns.

Da draußen sind Menschen die reißen sich den Arsch auf für Ihren Lebensunterhalt in Jobs, die ich selbst mit zehntausend Miese auf dem Konto nicht freiwillig machen würde. Da draußen sind Menschen die denken sie haben eine Chance aber sie haben gar keine, alles was da ist ist eine weichgespülte Seifenblase der Versprechungen eine Fata Morgana eines irgendwie besseren Lebens, das mit jedem vierhunderteurojob nur noch weiter wegrückt. Da draußen ist ein Planet der allmählich durchgegrillt wird während du wie eine Gallionsfigur auf einem verchromten Kühlergrill mit einem Lächeln alle Klimaschutzanstrengungen der letzten Jahre zunichte machst. Arbeitsplätze bei deutschen Großwagenherstellern retten damit wir deutschen nicht zu einem Volk von Kleinwagenfahrern verkommen. Aber hey mach dir keine Sorgen, hat doch keiner gemerkt.

Als du das erste mal gewählt werden solltest erschienst du mir irgendwie nicht fassbar, wie eine weiße Wand. Leider lag ich damit vollkommen richtig. Du bist wie eine weiße Wand. Eine Wand auf die jeder seine kleinbürgerlichen Wünsche von Ruhe, Nichveränderung und Geborgenheit projezieren kann. Und ein Lächeln von dir dazu. Aber diese Welt ist nicht geborgen. In dieser Welt wird schon unser seelig verdummtes Lächeln von der NSA überwacht und sollten wir mal nicht mehr seelig dumm lächeln erst recht. Und diese Welt verändert sich, jeden Tag, jede Minute, jede Sekunde. Und du? Du verwaltest Realpolitik. Beim Amt wärst du vielleicht meine liebste Sachbearbeiterin, weil du so verlässlich wärst und meinungsfrei. Nur als Kanzlerin in einer Zeit in der es uns nur noch zufällig gut geht bist du völlig fehl am Platze.

Denn das ist es ja: Eine Reihe von glücklichen Zufallen durch die es uns noch gut geht. Eine gigantische Chance, eine Verantwortung die wir nutzen müssten. Um etwas zu tun! Etwas zu verändern. Nicht um etwas zu verwalten. Dieses eine Mal könnte Deutschland seiner Verantwortung gerecht werden, nicht durch Großmannstum oder Besserwisserrei sondern durch vorbildliches Handeln. Indem wir zu unseren Werten stehen. Weil wir es uns leisten können! Indem wir keine Panzer nach Saudi Arabien, Indonesien  oder wohin auch immer verkaufen. Weil wir das nicht nötig haben. Und die Energiwende, eine ganze Welt schaut auf uns und fragt sich ob wir die Energiewende schaffen und was machen wir? Kurz vor dem Ziel fangen wir an uns nur noch irgendwie durchzuwurschteln, uns im Kleinklein zu verirren. Aus Angst vor dem Bürgerzorn wird alles nur noch halb gemacht oder verschleppt oder gar nicht, mutwillig gekürzt, pervertiert, die Großbetriebe befreit und am Ende kann man dann sagen: „Hätte eh nicht funktioniert“ Doch, es hätte funktioniert und es wird funktionieren. Aber ohne dich, dafür mit Menschen die davon eine Vision habe für das Danach.

Ich habe dich beim TV-Duell gesehen. Auch wenn ich mich an keine einzige Aussage von dir erinnern kann habe ich dich gesehen. Und für einen Moment sogar den Mensch Angela. Als du Peer von der Seite angesehen hast. Wenn Blicke töten könnte er wäre augenblicklich mit einer schweren Herzattacke zu Boden gesunken. Aber Alice Schwarzer sagt du hättest ihn so interessiert und nett von der Seite angesehen. Alice Schwarzer, die offensichtlich irgendjemand mal in einer Talkshow vergessen hat und jetzt sitzt sie da, ernährt sich zwischen den Auftritten von Schnittchen und sagt ab und zu zu einem beliebigen Thema dass die Angela doch symphatisch rüberkommst. Die Angela, die die Herdprämie verwurstet hat, die eine klare Quotenregelung für Frauen in Vorstandsetagen verhindert hat. Die Angela, die damit die Schuld daran trägt, dass Frauen die nicht noch härter als die Männerwelt sein wollen es weiterhin nicht dorthin schaffen, wo sie eine wirkliche Bereicherung wären. Nicht als Frauen, sondern einfach als Menschen denen Konkurrenz, Machtgehabe und eiskaltes Abservieren der Konkurrenz nicht alles ist. Du dagegen bist oben, ganz oben. Ohne Quote. Und dein Blick war nicht nett. Er war eiskalt. Er hat gesagt: “ Was maßt sich dieser unwichtige Fettnäpchentreter, dessen Name ich nicht einmal nenne, an, mir hier tatsächlich Paroli bieten? Mit Sachargumenten zu kommen?“ Du hast dir vorgestellt wie du ihne genauso abservieren wirst wie all die unglücklichen Männergestalten aus deinem Kabinett. Jung, Guttenberg, Röttgen, Wulff. Bei dir ist kein Platz für eigenen Machtanspruch oder Dissenz. Nur für Machtanspruch von deinen Gnaden bei uneingeschränkter Folgsamkeit bei deiner Irrfahrt ohne Kompass durch die Stürme der Globalisierung.

Dieses Land leidet unter Merkelismus, unter akuter Visionslosigkeit. Ein neues Biedermeier der Politik, das sich irgendwie schön anfühlt aber das wir uns überhaupt nicht leisten können.
Du bist der Wärmetod der Demokratie – indem du jede Position kassierst und hinweglächelst werden die überlebenswichtigen Anstöße und Bewegungen abgefangen bis nur noch ein leichtes Zittern bleibt und tönende Stille der Meinungslosigkeit. Wie in einem Kopfhörer mit Noise Cancelling Technologie setzt du jeder klaren Aussage eine annähernd ähnliches aber komplett folgenloses Statement entgegen, was bleibt ist einlullende Fahrstuhlmusik und zwischendurch die Ansage, dass doch alles gut ist und wir uns entspannen sollen.

Die Sueddeutsche hat jüngst Politiker gefragt ob sie über eine rote Ampel gehen würden, wenn es niemanden gefährdet. Aber du Angela, du würdest niemals über eine rote Ampel gehen aber über jede grüne. Egal wo sie dich hinführt. Nichts ist gut Angela. Aber du lächelst.

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