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ÖPNV rettet Städte – Warum die Verkehrswende heute schon unsere Städte schöner macht

Es wird ja gerne so getan als wäre die „Verkehrswende“ irgendwie eine geplante ominöse Attacke auf Autofahrer. Dabei muss man sagen: Die „Verkehrswende“ hat es in Deutschland zum Glück schon in Teilen seit Jahrzehnten gegeben und sie ist vor allem eine Rettung für die Städte.

Links auf dem Bild sieht man das Volksparkstadion in Hamburg, rechts das State Farm Stadium in Glendale (Arizona) und seine Umgebung.

Man kann dabei zum Schluss kommen: Das VolksPARKstadion, kann überhaupt nur so heißen, weil die Besucher zu relevanten Teilen mit Bahn, Bus, Fuß und Fahrrad anreisen. Ansonsten wäre die Umgebung wie in Arizona ein einziger gigantischer Parkplatz. Der Volkspark ist für die Hamburger da, weil die Verkehrswende eben schon erfolgreich gewirkt hat.

Und wenn man so will, haben die USA auch eine Verkehrswende gemacht: Hin zum Auto und damit zu Städten, die dadurch zu großen Teilen aus Verkehrsflächen bestehen.

Dabei ist das Volksparkstadion nicht einmal besonders vorbildlich für deutsche Verhältnisse. Wer schon mal da war, weiß dass die Anreise durchaus anstrengend ist, weil die S-Bahn-Haltestelle Stellingen und Elbgaustraße einfach zu weit weg sind und die Busse dann natürlich notorisch überfüllt. Aber dazu kommen zunehmend weitere kleine Bausteine. Fahrrad, Park & Ride, Stadtrad – Verkehrswende ist wenn alles ineinander greift und damit den Druck verteilt.

Dazu passt auch, dass Hamburg gerade die S-Bahn-Linien effizienter angelegt hat und die U5 baut, die das Volksparkstadion endlich auch direkt anschließen soll. Übrigens hat die Hamburger Hochbahn eine erstaunliche Historie dabei geplante Budgets beim Bau einzuhalten. Etwas ziemlich Einzigartiges in Deutschland.

Dazu passt, dass Hamburg Radwege stückweise verbessert, aber auch Kreuzungen entzerrt, neu gestaltet oder zu Kreiseln umbaut und so auch für Autofahrer angenehmer macht. Das ist viel Detailarbeit, aber gerade DAS Ist was gute Politik ausmacht und wirklich etwas verbessert – während populistische Großprojekte gerne das exakte Gegenteil erreichen.

Bei einer gut gemachten Verkehrswende profitieren am Ende alle. Sogar die Autofahrer. Und vor allem die Städte und ihre Bewohner.

Denn mal ehrlich: Wie hart würde Altona bitte verlieren, wenn seine grüne Lunge Volkspark ein riesiger Parkplatz wäre?

In Berlin kann man gerade besichtigen, was passiert wenn tatsächlich ideologische Verkehrspolitik übernimmt. Das zarte Pflänzchen Radwegausbau wird zerstampft, die entsprechenden Projekte brutalstmöglich gegen 0 zusammengekürzt, Elektrobusse gibt es selbstverständlich auch nicht, der BVG kriegt ein Spardiktat und für 2 Milliarden € wird eine Stadtautobahn in Viertel geprügelt, die diese überhaupt nicht haben wollen.

„One more lane will fix it“ hat zwar noch nie funktioniert, aber man könnte es in Berlin ja nochmal probieren.

Die Folge: Mehr Stau, mehr Ärger, mehr Lärm, weniger Platz.

In Hamburg werden nur noch 32 % der Wege mit dem Auto zurückgelegt. Und selbst wenn man die Länge der Wege mit hereinnimmt, ist das Auto bereits unter 50 % gefallen.

Die Sache ist nur, dass Autos zwar komfortabel sind, aber auch sehr, sehr ineffizient beim Platzverbrauch und paradoxerweise immer mehr Menschen in Hamburg Autos haben, die immer weniger fahren. Das sind dann gar keine Automobile, sondern eher Autotrumstehbile.

Und weil Autos so ineffizient beim Platzverbrauch sind WIRKT ES als würden gefühlt 90 % der Wege mit ihnen zurückgelegt werden obwohl es nur 32 % sind.

Also, wenn jemand behauptet die Verkehrswende würde ja „Nicht funktionieren“: Sie hat längst funktioniert, sonst wären unsere Großstädte deutlich hässlicher.

Aber das tolle ist: Unsere Städte können noch viel schöner werden und die Lebensqualität für ihre Bewohner noch weiter verbessern.

In Hamburg ist im März Wahl. Es lohnt sich hinzugehen. Siehe Berlin.

RADWEGE IN PERU VS. A100 in Berlin – was kostet es eigentlich wirklich?

Erinnert ihr euch noch an die „RADWEGE IN PERU!!!“ ?

Kurzer Abriss: Parteilose Ex-AfD Frau behauptet, Deutschland finanziere „Radwege in Peru“ für angebliche 315 Millionen und alle von Springer bis CDU und CSU stimmen ein in den Chor.

Tatsächlich unterstützt Deutschland Ausbau des Busverkehrs UND den Bau von Radwegen vor allem in und um die Hauptstadt Lima mit insgesamt 200 Millionen Euro, die größtenteils KREDITE sind.

Ja, diese Kredite werden häufig auf lange Sicht nicht oder nur in Teilen zurückgefordert, so ehrlich sollte man sein.

Wenn wir jetzt aber die Radwege betrachten, stehen hier 20 Millionen Zuschuss für Radwege in Lima und 24 Millionen für Radwege um Lima herum in den Büchern.

Also insgesamt circa 1/7 der angeblichen Summe.

ABER: Die KfW als zuständige Bank gibt das Geld nur in Tranchen raus, je nach Baufortschritt.

Bisher ausgezahlt sind 4,6 Millionen Euro. Davon wurden je nach Quelle 5,5 bis 8 km gebaut worden, final sollen es 28 km werden.

Werden diese 28 km gebaut, belaufen sich die Kosten der Förderung auf 164.000 € pro km.

Wird Lima/Peru vertragsbrüchig und baut einfach nicht mehr weiter, wären Kosten von 800.000 € pro km entstanden. Es wird aber sehr wahrscheinlich weiter gebaut, es dauert halt nur seine Zeit. (Was ja in Deutschland nicht anders ist)

Zum Vergleich: Radschnellwege in Deutschland kosten in den Städten an die 2 Millionen € pro km.

Bisher wurden also statt angeblichen 319 Millionen € nur 4,6 Millionen ausgegeben. Das ist 1/70 der genannten Summe.

Gestartet hat das Projekt zudem Gerd Müller. Der Entwicklungsminister von der CSU, die heute lauthals Stimmung gegen das „AMPEL-PROJEKT“ macht und falsche Zahlen verbreitet, obwohl sie nur einmal kurz bei ihrem Ex-Minister anrufen müsste, um die richtigen Zahlen zu bekommen.

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Weiter mit „DEUTSCHLANDS TEUERSTER RADBRÜCKE!“ – die hat Boris Palmer gerade in Tübringen eingeweiht. Boris Palmer ist ja nun sag ich mal vorsichtig rhetorisch recht umstritten* – aber praktisch macht er halt seinen Job. Unter anderem mit dieser ACHTUNG – beheizten!!! Radbrücke.

Und da denken natürlich sofort alle: „WAAAS, JETZT WIRD DENEN AUCH NOCH DIE RADBRÜCKE BEHEIZT?!? SCHÖN DAS KLIMA AUFHEIZEN, RADWEGE VERGOLDEN UND VON KLIMASCHUTZ LABERN, DIE ÖKOS MAL WIEDER!“

Daher hier, was wirklich passiert: Die Radbrücke wird natürlich nicht auf Wohlfühltemperatur der Radfahrer beheizt. Sie wird nur bei frostigem Wetter beheizt, damit sie nicht einfriert.

Das ist auf lange Sicht GÜNSTIGER als die Brücke von Schnee und Eis räumen zu müssen.

Denn das Heizsystem hat nur 300.000 € gekostet. Das ist schnell wieder drin.

Einfach kurz ein bisschen Strom durchschicken, alles weggetaut, kein Räumdienst muss los, kein Salz, kein Streu wird gebraucht, Räder werden geschont, Brücke, Stahl und Beton werden geschont und nicht vom Salz zerfressen und Frost beschädigt, die Brücke kann viel länger stehen und schont damit noch länger das Klima – Win-Win-Win-Win.

Eigentlich wird hier also sinnvoll für möglichst geringe Betriebskosten investiert. Aber man weiß, dass der Bund der Steuerzahler schon lächelnd die Messer wetzt, weil der jüngst auch zu so einem Lobbyclub verkommt, der einfach nur libertär abdriftend Mut und „anscheinende Steuerverschwendung“ kritisiert aber bei der tatsächlichen merkwürdig still bleibt.

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Damit kommen wir zur A100

Die wird gerade zur teuersten Autobahn Deutschlands. Große Aufmacher von CSU, AfD, Springer oder dem Bund der Steuerzahler dazu sucht man aber vergebens.

Sie zerschneidet Stadtviertel, die diese Autobahn nicht wollen. Sie bringt Autoverkehrt ins Zentrum, der da überhaupt nicht verarbeitet werden kann. Da ist ja jetzt schon alles überlastet, die A100 wird also einfach nur ein Stauproduzent sein.

Aber dafür ein richtig teurer. Gesamtkosten für die unter 8km sind inzwischen bei 1,8 Milliarden angekommen, man deutet jetzt schon an, dass das natürlich nicht das Ende ist, jetzt sind wir also bereits bei 250 Millionen pro km, ich hab hier mal 300 Millionen angenommen, denn es wäre ein Wunder wenn es nicht mindestens so teuer werden würde.

Die Idee an der Autobahn ist übrigens, dass sie die Stadtviertel drumherum vom „Autoverkehr entlastet“. Bester Gag seit langem.

Andere Städte wie Paris bauen inzwischen genau diese Art Autobahnen ZURÜCK, weil man gelernt hat DASS DAS GEGENTEIL PASSIERT. Wir bauen sie neu.

Das besonders Absurde hier ist: Die Autobahn ist noch nicht einmal eine Ringautobahn, sie führt einfach nur irgendwo hin.

Folge: Mehr Leute fahren dieses komfortable Teilstück mit dem Auto, „hey da ist doch Autobahn A100, warum dann Park & Ride machen und die Ubahn nehmen, die kostet doch 3 €!?“ Verkehr wird induziert aber läuft am Ende der Autobahn auf diversen Spuren ins Nadelöhr und verstopft die Stadtviertel.

Verkehrspolitik aus den 70ern. Hallo CDU und CSU.

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Diese A100 wird also das Gegenteil von dem erreichen, wofür sie gebaut wird und kostet am Ende mit wahrscheinlich 2,5 Milliarden rund 150 mal soviel wie DEUTSCHLANDS TEUERSTE RADBRÜCKE und 500 bis 50mal soviel wie RADWEGE IN PERU – aber Populismus schafft, dass absolut 0 % der Zeit über dieses absurde Stück Autobahn geredet wird – aber seit Monaten über ein paar Radwege in Peru für die bisher 4,6 Millionen ausgegeben wurden.

So zerstört man den demokratischen Diskurs.

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P.S. Beiträge wie dieser gegen den billigen Populismus, der unsere Demokratie zerstört, sind leider viel Arbeit. Ich mach die, weil mir das einfach wichtig ist. Und irgendwer muss es machen. Falls ihr mich unterstützen mögt und einen ziemlich coolen exklusiven Podcast haben wollt, gehr das hier ganz einfach: https://www.patreon.com/c/user?u=32965554

Quellen:

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/09/berlin-a100-kosten-verlaengerung-ausbau-milliarden-stadtautobahn.html

https://www.tagesschau.de/faktenfinder/radwege-peru-entwicklungshilfe-100.html

Vorsicht! Radwege in Peru (Fotogalerie)

https://www.bmz.de/de/laender/peru/nachhaltige-mobilitaet-in-lima

https://www.focus.de/finanzen/steuern/umstrittene-entwicklungshilfe-gracias-sagt-der-peruaner-auf-dem-radweg-den-deutschland-finanziert_id_259748556.html

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/tuebingen/eroeffnung-neue-radbruecke-west-tuebingen-verbindung-nach-derendingen-100.html

* nur dass wir uns da nicht missverstehen: Ich verstehe, dass man ihn da mit seinem Spaß am Krawall kritisch sieht. Er hat inzwischen ja auch eingesehen, dass er mehrfach deutlich über das Ziel hinausgeschossen ist. Mir geht es nur darum, dass er, was es das Praktische angeht seriös und kompetent seinen Job macht und mehr positiv verändert als viele andere, die erstmal besser rüberkommen.

Warum die Helmpflicht gefordert wird

Der Herbst steht an der Türschwelle und mit ihm Dunkelheit und rutschige Blätter und da sind auch die typischen Diskussionen nicht weit:

– Warnwestenpflicht für alle aufm Rad
– Fahrradhelmpflicht für alle aufm Rad

Merkwürdigerweise treffen all diese Diskussionen immer nur Menschen auf dem Rad. Nie Autofahrer oder Fußgänger. Sie werden auch komischerweise so gut wie nie von Menschen geführt, die selber viel und vor allem im Alltag Rad fahren.

Ganz im Gegenteil. Sie werden eigentlich grundsätzlich BESONDERS LAUTSTARK von Leuten geführt, die sich hauptsächlich mit dem Auto fortbewegen aber stets mit dem paternalistischen Unterton, dass man ja nur „Das Beste für die radelnden Mitmenschen“ möchte.

Denn ja, man fordert das ja ganz uneigennützig in vollendetem Alturismus, damit die armen Menschen nicht übersehen werden oder sich nicht verletzen. Während man sich bemühen muss nicht vor laufender Kamera loszukichern, weil es natürlich eigentlich darum geht diesen nervigen Radfahrern und Radfahrerinnen endlich mal die Zunge zu zeigen.*

Auf jeden getöteten Radfahrer kommen 1,5 Fußgänger und 4,5 Autofahrer mit tödlichen Kopfverletzungen. Man könnte also genauso gut die Helmpflicht im Auto fordern.

https://www.clevere-staedte.de/blog/artikel/helmpflicht-f%C3%BCr-fu%C3%9Fg%C3%A4nger-und-autofahrer

Macht man aber natürlich nicht, denn das Ziel ist ja nicht Radfahren sicherer zu machen, sondern Radfahren WENIGER zu machen. Wer Radfahrer schützen will, baut sichere und gute Infrastruktur. Wer den blöden Radfahrern die Zunge zeigen will und Radverkehr reduzieren, fordert eine Helmpflicht „zum Schutz der Radfahrer“. Die dann zügig den Radverkehr reduziert. Und weil weniger Rad fahren sind die Autofahrer Radfahrer dann nicht mehr gewöhnt und in der Folge nehmen die Unfälle mit Radfahrern zu. So in Australien passiert.

Da haben nach der Einführung der Helmpflicht die Kopfverletzungen bei Radfahrern nur um 13 % abgenommen. Dafür nahm das Radfahren bei jungen Menschen um 30 % ab.
Leider haben pro Streckenkilometer die Verletzungen in Folge dessen sogar zugenommen, das gilt auch für Teile von Kanada mit Helmpflicht, weshalb in Vancouver viele Radfahrer mit Shirts gesehen werden auf denen steht: „I wear a helmet so that you can drive like an idiot“ („Ich trage einen Helm, damit du wie ein Idiot fahren kannst“)

https://www.bmj.com/content/346/bmj.f2674
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8870773/
https://taz.de/Debatte-Helmpflicht-fuer-Radfahrer/!5063181/

Die Helmpflicht war also ein voller Erfolg.

Dabei den Radfahrern die Zunge zu zeigen und wer Herr im automobilen Hause ist.

Denn wer WIRKLICH Radfahrer schützen will kümmert sich um sichere Infrastruktur und sorgt so auch für VIELE Radfahrer. Denn es gilt: Radfahren wird sicher durch viele Radfahrer und Radfahrerinnen. Wie bei einem Fischschwarm entsteht ein Mengenschutz, weil Autofahrer die Radfahrer nicht mehr übersehen können und sich daran gewöhnen vorsichtig zu sein.

https://www.zeit.de/mobilitaet/2015-03/radfahren-sicherheit-unfall

In den USA tragen 38 Prozent der Radler einen Helm, in den Niederlanden 0,1 Prozent. Trotzdem werden in den USA auf der gleichen Distanz VIER bis FÜNFMAL so viele getötet wie in den Niederlanden.

Was Radfahrern wirklich rettet ist also: Sichere Infrastruktur. Tempo 30 innerstädtisch. Zügig von Eis, Schnee und Blättern geräumte Wege.

Was nicht hilft ist Helmpflicht.

Klar ist: Als Erwachsener einen Helm zu tragen ist INDIVIDUELL die Entscheidung sich stärker gegen Kopfverletzungen abzusichern. Aber diese Entscheidung kann jeder für sich selbst treffen.

Ansonsten gilt: Das Ziel sollte nicht sein, dass VERUNFALLEN sicherer zu machen sondern das RADFAHREN.

Deshalb: Helmpflicht wird nicht gefordert, um Radfahrer zu schützen – sie wird gefordert um Radverkehr zu reduzieren. Das gleiche gilt für Warnwesten und ähnlichen Blödsinn. Und ein reduzierter Radverkehr sorgt übrigens auch umgehend für einen Anstieg von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – denn Radfahren ist gesund, ein Effekt der die möglichen Verletzungen mehr als aufwiegt!

Anderherum gilt: Wer Warnwesten und Helme für Radfahrer fordert – muss auch Helme für Autofahrer fordern und Autos in dunkeln Farben verbieten. Warum gibts da eigentlich nicht täglich Studien zu? Wie all die Autos in den deprimierenden Nichtfarben die Unfallrate erhöhen, weil sie so schlecht sichtbar sind?

Merkt euch einfach: „Helm rettet – Helmpflicht nicht.“

Euer Captain Futura.

……

* P.S. Ja das ist etwas pöbelig, daher sei zur Sicherheit erwähnt: Es gibt ganz sicher auch viele Menschen die Helmpflicht und Warnwestenpflicht nur aus Unwissenheit fordern oder gut finden. Die sind aber regelmäßig auch nicht die lautesten Stimmen.

Das Fahrrad-Super-Nationalpark-Städte-Netz (FSNSN)

Im neuen Bundesverkehrswegeplan sind 30 Milliarden eingeplant für den Bau und Ausbau von Autobahnen.

Im Jahr 2023, in dem wir wissen, dass jede neue Autobahn und jede neue Autobahnspur alle Klimaschutzbemühungen auf Jahrzehnte torpediert.

Deutschland ist weltweit eines der Länder mit der höchsten Straßendichte. Es ist absurd zu glauben, dass weitere Straßen insbesondere Autobahnen noch einen großen wirtschaftlichen Effekt haben. Es wird schlicht der Transit von Waren durch Deutschland vereinfacht – an dem Deutschland hauptsächlich Kosten und wenig Gewinn hat und es wird Gewerbe innerhalb Deutschlands verlagert.

Jede Studie zeigt zudem, dass neue Autobahnen oder Spuren nur kurz einen positiven Effekt auf Staudichte haben. Straßen schaffen ihren eigenen Verkehr, gerade weil durch die neue Autobahn Ziele zeitlich näher rücken, steigen noch mehr ins Auto und nach kurzer Zeit gibt es genausoviele Staus wie vorher.

Wir geben also 30 Milliarden aus um NICHTs zu verbessern, aber Deutschland weiter mit klimazerstörenden Asphaltbahnen zu zerschneiden.

Umweltbundesamt:
„Im Jahr 2019 war der Verkehrssektor für rund 164 Mio. t Treibhausgase (berechnet als CO2-Äquivalente; kurz: CO2-Äq.) verantwortlich und trug damit 20 % zu den Treibhausgasemissionen Deutschlands bei. Dieser relative Anteil ist gegenüber 1990 um sieben Prozentpunkte gestiegen. Damit ist der Verkehr der einzige Sektor, der in den vergangenen Jahrzehnten seine Treibhausgasemissionen nicht mindern konnte.“

Und die FDP im Verkehrsministerium will auch weiterhin keinen Klimaschutz betreiben. Sie weigert sich schlicht ihre vorgeschriebenen Sektorenziele einzuhalten.

Dabei hätte ich eine Idee!

Offensichtlich sind ja 30 Milliarden vorhanden um Infrastruktur zu bauen. Warum bauen wir dann nicht ein Das Fahrrad-Super-Nationalpark-Städte-Netz (FSNSN). 10.000 km Deluxe-Radwege durch Deutschland.

Circa 5.000 km entlang der Flüsse sind schon in Teilen vorhanden und müssen nur noch ausgebaut werden. Weitere 5.000 km müssten größtenteils neu gebaut werden, oder zumindest deutlich ausgebaut werden.

Man rechnet bei Radschnellwegen mit 1 bis 1,8 Millionen pro km. Ich bin bei den 5.000 neu anzulegenden Kilometern mal grob von 2 Millionen ausgegangen und bei den Flussradwegen von 1 Million pro km. Dann ist auch direkt Inflation und steigende Baukosten mit drin.

Ich hab die Strecken mal sehr grob auf der Karte eingezeichnet. Alle Nationalparks, sehr viele Naturparks und fast alle großen Städte und so gut wie alle Nachbarländer wären angebunden.

Schließt mal ganz kurz die Augen und stellt euch vor was für ein gigantischer touristischer Trumpf das innerhalb Deutschlands und weltweit wäre!

Wenn man jetzt noch ein paar Milliarden in die Hand nimmt, um auch kleiner Städte an die großen besser anzubinden.

Wenn man zwischen den wichtigsten Knotenpunkten einen einfachen Transit per Bahn mit Spezialzügen anbietet.

Wenn man an allen schönen und praktischen Punkten Herbergen, Zeltplätze mit Fahrrad-Sondertarifen und Radwerkstätten unterstützt und eine deutschlandweit einheitliche App zur Buchung.

Wenn man Stromtankstellen für die E-Bikes aufstellt und Wasser- und Luftspender für außerhalb der Öffnungszeiten.

Wenn man im Sommer auf dem Weg Kultur und Musik, Feste, Tage der offenen Tür anbietet.

Schließt man ganz kurz die Augen, was für ein unglaublich DERBES Projekt das wäre.

Und jetzt stellt euch mal kurz vor wie öfe, langweilig und nichtssagend dagegen der weiter Ausbau der Autobahnen ist.

Stellt euch vor wie unbezahlbar der Effekt für Tourismus und die Regionen wäre. Wie sehr das dem Land helfen würde nicht weiter auszubluten. Wie sehr auch und gerade Pendler davon profitieren würden.

Was für einen krassen Push das für den Radverkehr bedeuten würde und wie sehr das CO2-einsparen würde.

Und wir würden immer noch die Hälfte der Finanzen gegenüber einem weiteren sinnlosen Ausbau der Autobahnen einsparen.

Wirtschaft 🤝 Mensch 🤝 Klima 🤝 Regionen 🤝 Natur 🤝 Staatsfinanzen

Alle gewinnen.

…..

Treibhausgasemissionen im Straßenverkehr:
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/klimaschutz-im-verkehr#ziele

Kosten von Rad(schnell)wegen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Radschnellweg
https://www.abendblatt.de/region/stormarn/article233016601/Jeder-Kilometer-Radschnellweg-kostet-1-8-Millionen-Euro.html
https://www.abendblatt.de/region/pinneberg/article234635079/radschnellweg-wird-65-millionen-euro-kosten.html

Wie die FDP sich schlicht weigert CO2 im Verkehrsbereich einzusparen:
https://www.rnd.de/wirtschaft/greenpeace-zum-klimaschutzbeitrag-des-verkehrsministers-besonders-dreist-H2HVVMQLH5EHBG34NLTTVMFSGU.html

Sogar die Wirtschaftswoche! und das Handelsblatt! wissen inzwischen: Neue Spuren induzieren neuen Verkehr und der Stau ist schnell zurück. Was dagegen gegen Stau hilft: Tempolimit. Ich weiß, wer das nicht hören will… 😆

https://www.wiwo.de/politik/deutschland/stau-mythen-mehr-strassen-produzieren-auch-mehr-verkehr/25381156-2.html

https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/oekonomie/wissenswert/verkehrsoekonomen-warum-strassenbau-kein-mittel-gegen-staus-ist-seite-2/3279058-2.html

Mit autonomen Elektroautos wird alles besser! Nicht.

Ich hab ja mal Umweltwissenschaften studiert. Das ist schon ein bisschen her und damals war das Zauberwort in den Management-Theorien für eine bessere Welt: SHARING ECONOMY! Damit wird alles besser hieß es.

Ich kann mich sehr genau daran erinnern, wie ich den Prof genervt habe, weil ich ihm da ständig widersprochen habe.

Leider hatte ich recht.

Denn natürlich ist die Grundidee an der Sharing Economy super. Mein teilt z.B. ein Auto, dass sonst 23 Stunden am Tag nur rumsteht und spart so Parkraum und Produktion von unnötigen Blechkisten.

Mein Argument war damals: Ein System, dass auf Wachstum und Besitz aufgebaut ist wird Sharing Economy nicht als Ersatz für Bestehendens nutzen. Sondern einfach on-top. Noch so oben drauf im Dienste der Bequemlichkeit. Als Kirsche auf der vergifteten Sahnetorte „Wachstum 4ever!“*

Die den Radweg blockierenden E-Roller allerorten und die wie Pilze aus dem Boden schießenden Möchtegern- „Carsharing“Systeme wie „Car4now“ oder „Mobility2You“ oder „2Lazy2Bike“ belegen das leider.**

Denn NATÜRLICH kaufen sich die Leute trotzdem noch einen neuen fetten SUV. Und einen E-Roller. Und ein E-Bike.***

Obwohl für die meisten Strecken ein stinknormales Rad am schnellsten und bequemsten gewesen wäre. Und sie hätten alleine mit den Kosten für das E-Bike sich so ein geiles normales Bike kaufen können, dass sie das E nicht mal vermisst hätten.

Der nächste Retter der verstopften Städte soll jetzt das E-Auto sein. Oder am besten das autonom fahrende E-Auto.

Aber wird es das? Ja, E-Autos sind leiser (das ist super), E-Autos retten Menschenleben, weil weniger Abgase (das ist super), E-Autos sind nach so gut wie allen Studien ökologischer, aber E-Autos transportieren genauso sinnlos eingelackte Luft durch die Gegend, wenn sie im Regelfall nur eine Person transportieren.

Und mit autonom fahrenden Autos wird es noch schlimmer. Die Idee ist: Autonom fahrende Autos können automatisiert mit engeren Abständen zueinander fahren und so Staus verhindern und auf ominöse Art und Weise die Straßen entlasten.

Das funktioniert aber nur wenn der Großteil der Autos autonom fährt. Und das wird sehr lange dauern. Bis dahin machen autonome Autos Autofahren NOCH bequemer. Und ÖPNV noch unverlockender.

Und was wird denn in der Realität passieren? Nun. Die Kirsche auf der Sahnetorte von „Wachstum 4ever“ natürlich. Die Leute werden zum Beispiel auf der Party ein Bier zuviel trinken. Und dann nicht die Sbahn nehmen. Sondern in sein Smartphone lallen „K. I. T. T. Ich brauche dich!“

Und dann fährt das autonome Auto einmal leer durch die Stadt. Und natürlich ist das kein kleines Auto. Sondern ein fetter, autonomer Elektro-Bus-SUV, der dann als Statussymbol bei der Party vorfährt. Die Flügeltüren fahren hoch und man torkelt mit einem „Wegbier!“ und „Haha“ rein.
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Daher nochmal für alle zum Mitschreiben: Die Antwort auf verstopfte lebensfeindliche Städte sind keine Autos, E-Autos oder autonom fahrende E-Autos. Und übrigens schon gar keine Flugdrohnen, deren massenhafte Verbreitung eine urbane Hölle sondergleichen wäre. Sondern Fahrrad, ÖPNV, zu Fuß gehen und ab- und an ein Auto, wenn es sehr schnell gehen muss oder große Lasten transportiert werden müssen. Wir haben alles bereits erfunden, was wir brauchen für ein gutes Leben in der Stadt.

Und das sage ich als Mitbesitzer eines Autos. Auf dem LAND ist das ein anderes Thema. Aber eng bebaute Städte und jeder ein Auto ist und WIRD kein Zukunftsmodell.

Euer Captain Futura

P.S. Falls ihr Bock auf spannende Grafiken und ein bisschen gute Unterhaltung habt und meine Arbeit unterstützen mögt:
https://www.m-vg.de/yes/shop/article/20212-grafiken-fuer-eine-bessere-welt/

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* Die weithin unbekannt, obwohl idelogisch erfolgreichste Boygroup des neoliberalen Hypes der späten 90er.

** die eigentlich mehr ÖPNV oder Radfahrt Ersatzsysteme sind. Ich meine hier ausdrücklich NICHT Cambio und co. Also die „Alten“ Carsharing-Anbieter mit festen Stationen. Das ist echtes und ernstzunehmendes Carsharing und bringt etwas.

*** Natürlich nicht alle, aber viele, denn es gibt (zum Glück) auch ein paar, die es ernst meinen mit Ökologie und Klimaschutz, aber die Mehrheit macht nun einmal, was für sie bequem ist.

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Zum Unterschied zwischen dem sinnvollen „echtem“ stationsbasiertem Carsharing und der „free-float“-Mogelpackung, die eher ÖPNV schädigt:

https://www.sueddeutsche.de/auto/carsharing-studie-staedte-probleme-1.4554329?fbclid=IwAR2X2fTsubbT9iPRFCHspEjZEIWYMlbooDeD0QTdGEmmn25A2rD2pfQ9a6Q

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/carsharing-studie-101.html?fbclid=IwAR3pt1tNP8funSuRidy_LkG0dj24sZ6Jf3ScEZkz5UAH7N0R9cRn9sHDLlE

https://t3n.de/news/carsharing-hype-studie-1186745/?fbclid=IwAR1uPUq0o8FumXBrI681riDS2E_sHZ_SkUzCwBFy6ZdHtIk5_XQ7oVfm87c

In Sachen autonomes Fahren:

https://www.vdv.de/position-autonome-fahrzeuge.pdfx

https://www.auto-motor-und-sport.de/tech-zukunft/autonomes-fahren-energie-datenmengen-vernetzung/

In Sachen Farräder / Elektroauto und co.

Klicke, um auf English_Studie.pdf zuzugreifen

https://www.spiegel.de/auto/elektroautos-tatsaechlicher-co2-ausstoss-niedriger-als-bisher-angenommen-a-01907849-ede6-4f24-8c3f-89475aadbe69

https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr

Warum ein neuer Strafenkatalog im Straßenverkehr mehr als überfällig ist

Treffen sich drei Krokodile. Sagt das erste: „Mann ich hab gestern einen E-Bike-Fahrer gefressen, der lag mir so schwer im Magen, ich konnte den ganzen Tag nicht mehr schwimmen“.

Sagt das zweite: „Das ist ja noch gar nichts. Ich habe vor zwei Wochen einen Porsche-Cayenne-Fahrer gefressen, der lag mir so schwer im Magen, ich kann heute noch nicht wieder schwimmen.

Sagt das dritte: „Das ist überhaupt nichts. Ich habe gestern Andreas Scheuer gefressen, der war so hohl ich kann seitdem nicht mehr tauchen!“

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Dieser Witz ist so dilettantisch modernisiert wie die Politik von Andreas Scheuer. Der hat mal eben 500 Mio im Mautdesaster versenkt, sein Handy zufällig gelöscht, eigentlich für den Radverkehr gedachte Bundesmittel für den Bau von Umgehungsstraßen eingesetzt – und nun also auch noch eine Überarbeitung des Strafenkatalogs im Straßenverkehr versaut. Und knickt dann beim ersten Protest sofort begeistert ein. Denn eigentlich wollte er die Strafen halt auch nicht wirklich erhöhen.

Dabei sind die Strafen im internationalen Vergleich ein schlechter Witz und zudem auch weitestgehend unwirksam. Innerorts kann man mit 84 rasen – ein Tempo, das kein Radfahrer oder Fußgänger beim Aufprall überlebt – außerorts kann man bis zu 44 km/h schneller sein, mit tödlichen 144! über die Bundesstraße ballern und alles was man zahlen muss sind – ACHTUNG – 120€. Also circa 1mal volltanken vor Corona.

Und das in Zeiten, in denen fast jeder Blitzerapps und -Warner hat. Und es selbst im öffentlichen Rundfunk zum „Service“ gehört die mobilen Blitzer (hoffentlich) von der Freisprechanlage aus durchzusagen. Was noch mal eine ganz eigene Absurdität ist. Da muss sich der professionelle Raser ja fast schon anstrengen, um ÜBERHAUPT MAL geblitzt zu werden.

Ich fahre seit vielen Jahren neben Fahrrad und ÖPNV auch und immer mal wieder Auto. Ich bin viermal wegen Blödheit geblitzt worden. Immer so 5-8 km/h zu schnell. Zweimal weil ich ohne Nachzudenken innerorts einfach im Verkehrsfluss mitgefahren bin und die Grüne Welle bei den Ampeln erwischen wollte. Und der Verkehrsfluss in deutschen Städten liegt nunmal bei 60+x km/h und so einige Grüne Wellen gehen auch GENAU davon aus. (Da bin ich mir sehr, sehr sicher auch wenns natürlich keiner zugibt.) Zweimal bin ich in Tempo-30 Zonen geblitzt worden, die ich zu spät bemerkt habe, oder bei denen ich mir nicht sicher war.

Und genau das sind dann auch schon die Punkte, die geklärt werden müssten, damit neue, härtere Strafen fair sind: ENDLICH wirklich konsequent Ampeln, Fahrbahnbreiten und co. so auslegen, dass der Verkehrsfluss das Tempolimit NICHT überschreitet. Es ist doch absurd, wenn man z.B. in Hamburg partiell 60-70 fahren muss, um beim Einfädeln überhaupt in den Verkehr auf den Hauptstraßen zu kommen. Es darf sich schlicht nicht lohnen zu rasen. Und ENDLICH wirklich durchgehend alle Tempo-30 Zonen richtig gut und eindeutig markieren.

Und wie wäre es z.B. Strafen einfach mal am Einkommen zu orientieren? Finnland macht es vor. Denn derzeit sind die Strafen für den Cayenne oder X5-Fahrer schlicht Portokasse während sie dem lohngedumpten „Servicedienstleister“ der deutschen Post bereits RICHTIG weh tun.

Und wenn gewährleistet ist, dass die Strafen sozial fair sind und Limits sauber markiert wird, muss ich einfach mal sagen: Blödheit und das Riskieren von eigenem und vor allem dem LEBEN anderer sind keine Grundrechte.

Wer es dann noch schafft mit 54 in der Tempo-30 Zone (mit denen er ja auch bei 50 km/h Tempolimit zu schnell wäre!), 74 km/h innerorts oder 129 km/h außerorts zu fahren UND in den Blitzer zu rasen: Sorry, aber der hat sich sein Fahrverbort halt auch redlich verdient.

Denn vor Eurer Motorhaube befinden sich Radfahrer und Fußgänger und andere Autofahrer mit deren Leben IHR spielt.

Euer Captain Futura.

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Captain Futuras Arbeit unterstützen: https://www.patreon.com/user?u=32965554

Krisenlösung auf zwei Rädern

In der Krise zeigt sich mal wieder was für eine tolle Idee eigentlich diese Fahrrad ist.

Man ist in der Stadt überall fast konkurrenzlos schnell – oder langsam wenn man gar nicht schnell sein will. Man macht keinen Lärm, keinen Dreck, nimmt fast keinen Platz weg und weicht falsch geparkten Autos und den Viren in vollgestopften Bussen aus.

Manche Städte wie Berlin oder Wien reagieren darauf mit Pop-up-Radwegen auf den gerade eh deutlich weniger genutzten Radwegen.

Manche Städte wie Hamburg machen wie üblich nichts und setzen weiterhin auf Autos und Busse, die dann derzeit beide gleich leer durch die Gegend gondeln. Und man fragt sich manchmal: Wen soll man eigentlich wählen, damit sich das WIRKLICH mal ändert.

So wünscht man sich, in der Frühlingssonne oder einem kurzen Schauer radelnd, vor allem Mut in der Politik. Denn ich schwöre: Nichts macht so leicht, ist so erleichternd und stressabbauend wie Radfahren. Fliegen für Jedermann. Es kann so einfach sein.

Also wenn ihr das nächste Mal gestresst seid: Fahrt nicht aus der Haut – fahrt Rad!

Euer Captain.

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P.S. Wer unter 50 ist und in den Harburger! Bergen Mountainbike mit Elektrounterstützung fährt hat die Kontrolle über sein Leben verloren! 😉

Leute ehrlich kauft euch einfach mal ein geiles NORMALES Rad und ein paar Muskeln. Ihr wolltet doch Sport machen? Oder nicht?

Radschutzstreifen sind feige Verkehrspolitik

Hamburg hat leider viel zu lange gebraucht um sich von dem Ziel der autogerechten Stadt zu verabschieden. Die Theorie war: Es gäbe eine Höchstgrenze der Automobilität und man müsste nur genug Straßen bauen, um diese abzudecken und dann würde man eines der Tages in der goldenen Stadt der perfekten Mobilität aufwachen in der jeder staufrei und gemütlich sein Ziel erreicht. Amen.

Das Problem ist: Es gibt zwar eine Höchstgrenze der Mobilität. Aber die misst sich in Zeit bzw. Aufwand und nicht in Kilometern. Ob wir bereit sind eine Strecke zurück zu legen machen wir an der Zeit und dem Aufwand in Geld, Ärger, usw. fest aber nicht an der Entfernung. Je mehr vierspurige Straßen man durch die Stadt prügelt desto mehr Menschen ziehen weiter raus weil dort die Mieten günstiger sind, mehr Natur und weniger Autoverkehr ist und der Zeitaufwand für die Fahrt ja gesunken ist. Die Theorie ist also eine Fata Morgana, die sich immer weiter entfernt, umso mehr Straßen man baut.

Das wäre völlig okay wenn Autoverkehr nicht eine Reihe von Nebenwirkungen hätte, die die Medizin der autogerechten Stadt nicht nur bitter sondern bei genauerer Betrachtung eher als Gift für ein gutes Leben in der Stadt erscheinen lässt.

Lärm, Abgase, Feinstaub, Umwelt- und Klimazerstörung, Zerschneidung und Vernichtung von Grünflächen und Freiräumen, ständige Gefahr für spielende Kinder und andere Verkehrsteilnehmer und vor allem die Vereinnahmung von unfassbar viel Raum. Und das in der Stadt, wo von allem viel vorhanden ist, aber Platz nun gerade nicht. Damit wir schnell von A nach B kommen vernichten wir also auf einer Vielzahl von Ebenen Lebensqualität.

Wird das nun mit Elektroautos besser? Lärm und Abgase ja, Feinstaub teilweise (Reifenabrieb bleibt ja) ansonsten bleibt das Problem eins zu eins bestehen.

Aber es wird doch mit autonomen Autos besser! Nein. Warum sollte es? Wenn ich das Autofahren noch angenehmer mache, man auf der Fahrt arbeiten kann und es z.B. möglich ist zu ner Party zu fahren und sich dann angetrunken das eigene Auto zu rufen „K.I.. ICH BRAUCH DICH“ – dann fahren doch nicht weniger Autos, dann fahren MEHR Autos komplett leer durch die Stadt um Menschen abzuholen. Studien berechnen den Effekt auf bis zu 60%. Und auch das Statussymbol bleibt. Ist doch derbe dicke Hose wenn bei der Party in Blankenese ein riesiger Schlitten mit der Lieblingsserie auf den Bildschirmen von selbst vorfährt. Die Stadt wird noch mehr ein Ort sein, an dem, die mit Kohle ihr Leben auf Kosten der anderen pseudo-optimieren.

Anders gesagt: Das Problem wird sich von selber nicht lösen. Das löst sich nur durch mutige Politik.

Und da kommt auch schon die mutige Hamburger Politik mit dem (Tusch) RADSCHUTZSTREIFEN!

Yay.

Man versucht also die Fata Morgana der „autogerechten Stadt“ aufrecht zu erhalten und gleichzeitig Radstadt zu werden indem man die Radfahrer als lebende Theorie-Crash-Test-Dummies und nur durch eine dünne Linie geschützt auf die jetzt schon zu enge Fahrbahn schickt. Und sagt das wäre wie in Holland.

Und irgendwo westlich fällt einem erschrockenen Niederländer der Gouda beim Radfahren in die Gracht und man hört ihn in dem Westwind rufen: „Aber das ist doch völlig waanzinnig, das hab ich doch nie gesagtje!“

Wer auch nur einmal in Holland war weiß: Hier werden Auto- Rad- und Fußverkehr konsequent und aufwendig getrennt. Hier werden Radfahrer NICHT entlang der Hauptauspuffrouten durch Abgaswolken in die Stadt geführt sondern wenn möglich abseits auf eigenen Wegen wo es ruhiger und schöner ist.

Aber der Hamburger Radfahrer ist halt an sich ein verkappter Navi-SEAL, der als Ex-Raucher einfach sein Pensum Gefahr, Feinstaub und Teer braucht, um den Tag wirklich zu leben. Und Hamburger Autofahrer sind einfach die hochkonzentriertesten Menschen der Welt, immer auf 20 Espresso und haben immer und überall 50 Radfahrer, 10 Fußgänger und 200 andere Autos im Blick.

Und die Realität so: Nee, is erundsie nicht. Sorry. Radverkehr ist in 2019 gesunken. War aber Zufall. Wir haben doch so viele tolle Radschutzstreifen gebaut! Und z.B. an der Osterstraße mit den Mitteln des Radprogramms die ganzen Kreuzungen saniert und nach der Sanierung haben alle mehr Platz. Außer den Radfahrern natürlich. Die haben eine Linie auf der Straße. Rechts parkende Autos und links Busse, die jetzt leider nicht mehr wirklich zwischen die Linien passen und daher standardmäßig auf den Radschutzstreifen ausweichen müssen. Aber auf dem Fußweg können jetzt Fußballmannschaften nebeneinander laufen. Oder die Straße Beim Schlump. Da hat die Behörde gleichzeitig eine riesige Unibaustelle aufgemacht, den sicheren Radweg auf dem Fußweg geschlossen und auf die Straße verlegt. What can possibly go wrong? Jetzt sind da wöchentlich Polizeikontrollen gegen Radfahrer, die überleben wollen und heimlich auf dem Gehweg fahren. Ich hab da gewohnt. Wer da mal zur Rush-Hour (ca. 50 % des Tages) mit dem Rad war, weiß: Ich übertreibe nicht. Es ist gemeingefährlich. Ich bin da nie auf der Straße gefahren. Ich mag dieses Leben.

Und auf der Elbchaussee, diesem mäandrierenden Ungetüm für Cayenne-Fahrer, bei dem nie jemand weiß obs gerade eine Spur oder zwei sind und man sich folgerichtig permanent anhupt und behindert. Da hat nicht etwa jemand die Eier zu sagen: Machen wir eine Spur draus, sonst entsteht ja eh nur Chaos. Nee, da wird das nächste Elend geplant.

Fragt man einmal NICHT die Rad-Nerds sondern die Freunden, die NICHT oder WENIG Fahrrad fahren sagt dir jeder: „Ich hab Angst. Das ist mir zu gefährlich.“ Und ich verstehe das komplett. In Deutschland sterben Jahr für Jahr mehr Radfahrer und nicht weniger wie in anderen Ländern. Aber Schuld sind die Radfahrer, weil ohne Helm und Warnweste. Auch wenn der Löwenanteil der Unfälle bei bester Sicht im Sommer passiert (Warnweste?) und durch abbiegende LKWs und Autos (Helm?).

Wir haben eine verdammte Straßenverkehrsordnung. Man hat auch OHNE Helm und Warnweste und 5 Airbags am Rad sicher zu sein. Und dafür braucht es Infrastruktur. RICHTIGE Infrastruktur. Die mit MUT. Die ohne 5.000 Auspuffe vor meiner Lunge.

Entweder: Maximal Tempo 30 für alle. Dann kann man die Wege auch zusammenschmeißen. Bin ich persönlich gern dabei, ich fürchte nur…

Oder: GETRENNTE WEGE FÜR ALLE.

Und das geile ist: Alle profitieren. Radfahren macht endlich wirklich Spaß. Fußgänger und Radfahrer müssen sich nicht mehr anbrüllen. Die Stadt atmet auf. Jeder, der neu Rad fährt macht Platz für die, die wirklich Auto fahren MÜSSEN. Ob Lieferant, körperlich eingeschränkt oder Handwerker – manche Menschen brauchen ihr Auto und auch die fahren dann entspannter und geschützt vor plötzlichen Radüberraschungen durch die Stadt. Ja. Man wird dazu manchmal eine Spur bei den Autofahrern wegnehmen müssen. Ja, es wird Protest geben. Das wird übel werden. Aber Protest ebbt auch wieder ab wenn die Menschen merken: „Scheiße, irgendwie ist mein Leben in der Stadt jetzt schöner!“

Hat in den Niederlanden funktioniert. Hat in Kopenhagen funktioniert. Wird gerade in Paris angegangen. Warum soll das nicht in Hamburg funktionieren? Also: Schluss mit halber Kacke und gefährlichen Schutzstreifen, baut endlich RICHTIGE und SCHÖNE Infrastruktur. Ich will ein Leben in der Stadt. Danke.

Euer Captain.

P.S. Sonntag ist Wahl.

Was geben Städte pro Kopf für den Radverkehr aus?

Was geben Städte pro Kopf für den Radverkehr aus – und
was ist das Ergebnis? Wenig überraschend: VIEL HILFT VIEL.
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Ich poste diese Grafik weil die Ausgaben pro Kopf alleine ehrlich gesagt nichts aussagen außer einer Willensbekundung. Nur an dem Anteil des Radverkehrs zeigt sich Erfolg oder Nichterfolg der Maßnahmen.
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Was zeigt die Grafik? Berlin und Hamburg investieren trotz gigantischem Nachholbedarfs immer noch viel zu wenig. Ein paar Mutige fahren trotzdem immer Fahrrad. So ist der im Vergleich zum niedrigen Einsatz recht hohe Anteil des Radverkehrs zu erklären. Damit auch weniger Mutige (oder Verrückte) sich auf das Rad schwingen muss aber investiert werden, was Beispiele wie Kopenhagen und Utrecht deutlich zeigen.
Amsterdam ist schwierig zu ermitteln: Die Stadt selber investiert in den nächsten Jahren 11 € pro Einwohner und Jahr. Dazu kommen aber erhebliche Mittel aus Landestöpfen was einen Schnitt über die ganzen Niederlande von 30 € pro Kopf und Jahr ergibt. Zudem wurde schon sehr lange sehr viel investiert, daher hab ich hier mal ein größer-Zeichen ergänzt. (Ihr seht ich hab mir wirklich verdammt viel Arbeit gemacht…)

Interessant dabei ist auch, dass der Anteil verunglückter Radfahrern in den Niederlanden kontinuierlich sinkt während er in Deutschland steigt. Woran mag das wohl liegen? Etwa an der unzureichenden Investition in sichere Infrastruktur? Nein! Doch! Oh. In Hamburg ist bald Wahl und ich glaube es ist kein Geheimnis dass CDU und SPD der Überzeugung sind, dass für Radverkehr eigentlich erstmal genug getan wurde. Nachdem vor allem die Grünen in den letzten Jahren tatsächlich für Schwung gesorgt haben. Ich lasse mir gerade die Wahlprogramme kommen.
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Alle Daten sind mit Vorsicht zu betrachten. Ich hab mein Bestes getan das Internet gründlich zu durchsuchen aber man findet viel sich widersprechendes und viele die stumpf voneinander abschreiben. Und natürlich Berlin, das kaum aktuelle Zahlen hat. Wie könnte es auch anders sein. Ich hab daher jeweils die glaubwürdigste und konservativste Zahl genommen. Wenn ihr bessere habt und das begründen könnt immer her damit!

Nachtrag: Bei Hamburg war bisher dank einer anscheinend fehlerhaften Studie immer die Rede von 2,9 € pro Kopf. Der Etat für Radverkehr versteckt sich in Hamburg in diversen Töpfen. Die Verkehrsbehörde berechnet für 2017 10,56 € und für 2018 noch etwas mehr. Es geht also voran und das habe ich in der Grafik entsprechend angepasst. Danke für den Hinweis.

Von folgenden Links:
https://assets.amsterdam.nl/publish/pages/865242/meerjarenplan_fiets_2017-2022.pdf
http://www.aviewfromthecyclepath.com/2010/05/487-million-euros-for-cycling.html
https://www.zeit.de/mobilitaet/2018-07/fahrradstadt-hamburg-verkehr-abgase-amsterdam-velorouten?fbclid=IwAR3H9MKp81UqkdzE_fHSlM1DrQYldUgFC6pGdnfjoV0Ko2BqqAVUGKqDBa4
https://www.bikecitizens.net/de/bicycle-first-radverkehr-utrecht/
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr#vorteile-des-fahrradfahrens
https://hamburg.adfc.de/news/neue-mobilitaetsstudie-wer-25-prozent-radverkehr-in-2030-will-muss-dem-rad-jetzt-mehr-platz-geben/
https://bicycledutch.wordpress.com/2019/05/29/cycling-increased-again-in-utrecht/
https://www.coya.com/bike/index-2019
https://bicycledutch.wordpress.com/2018/01/02/dutch-cycling-figures/
https://ecf.com/cycling-data/netherlands/north-holland-noord-holland/amsterdam
http://www.aviewfromthecyclepath.com/2010/05/487-million-euros-for-cycling.html

Warnwesten und Radfahren – PR-Flowchart der Polizei

2019 starben bisher 11 % mehr Radfahrer im Straßenverkehr als 2018 (endgültige Zahlen stehen noch aus). 2018 starben 445 Radfahrer, 2017 starben 382 Radfahrer. Hier setzt sich also ein unglücklicher Trend fort. Nur 25,4 % der Radfahrer verunglücken im Winter. 70% der Radfahrer verunglücken bei Zusammenstößen bei denen wiederum in knapp 70 % der Fälle Autofahrer hauptschuldig sind. (Alle Daten Statistisches Bundesamt)
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Was macht man nun daraus?
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Nun, wenn man die Polizei ist, hat man natürlich keine Probleme den Übeltäter zu finden und macht jedes Jahr zur dunklen Saison und überhaupt immer wenn ein Radfahrer verunglückt lustige Videos und Anmerkungen wie wichtig es ist, dass Radfahrer und Fußgänger grünen Ampeln nicht trauen und immer Warnwesten und Helme mit Reflektorstreifen tragen. „Looks like shit. But saves my life.“
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Dass Ampeln und Vorfahrt eigentlich dazu da sind ihnen trauen zu können, dass die meisten Menschen im hellen Sommer sterben, dass eine ganze Stadt in Warnwesten eher nach Gelbwesten als nach Sicherheit aussieht weil eine Warnweste unter tausend Warnwesten keine mehr ist, dass die Infrastruktur dank feiger Politik aus völlig ungenügenden Radschutzstreifen und maroden, holprigen Radwegen besteht: Geschenkt. Der Sherlock deutsche Polizei & Politik weiß immer schon wer der Täter war bevor es Opfer gab! Und damit auch ihr endlich versteht wie es geht hier endlich der offizielle PR-Flowchart der Polizei für euch! Mit Liebe vom Captain. Ride safe.

P.S. Der Captain weiß aus diversen Fastunfällen mit abbiegenden Kraftfahrzeugattentätern: Wo kein Auto ist, kann einen auch keiner überfahren. Er fährt daher lieber dann wenn keiner kommt als dann wenn Ampel grün. Aber pssst.
P.P.S. Der Captain fährt auch ab- und an Auto. Und CRAZY SHIT: Er lässt sich bei jedem Abbiegeprozess genug Zeit um niemanden platt zu fahren. Und wird dafür regelmäßig von hinten totgehupt. „Jetzt fahr den Radfahrer doch tot, du Spast, ich habs eilig!“

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