Jetzt hat Erdogan also als nächsten Akt der Schaffung einer islamischen Republik die Hagia Sophia wieder von einem Museum in eine Moschee unwidmen lassen.

Kann man machen. Ist dann halt nur kurzsichtig und ein weiterer Schritt auf dem Weg der internationalen Spaltung.

Tatsächlich war es eine sehr weise Aktion die Hagia Sophia, die ja ursprünglich eine Kirche war und erst später zur Moschee wurde, 1934 zum Museum zu machen und damit dem Konflikten zwischen den Religionen und ihren Vertretern zu entziehen.

Es ist interessant wie weltweit versucht wird Länder, die eigentlich eine Vielzahl von Religionen und Kulturen beheimaten, heute künstlich eine monokulturelle und monoreligiöse Vergangenheit anzudichten.

Dabei waren eigentlich alle Länder Europas von der Türkei bis nach Portugal dem beständigen Hin- un Her zwischen Christentum und Islam und später auch den verschiedenen Konfessionen (z.B. Protestantismus, Katholizismus,…) unterworfen.

So findet man in vielen Regionen wie z.B. in Andalusien einen starken und spannenden Einschlag arabischer Kultur während andererseits vieles in der Türkei auf christlichem oder auch kurdischem Hintergrund fußt.

Ich weiß noch wie ich vor ein paar Jahren in Sarajevo stand, dieser Stadt, die vielleicht wie keine andere in Europa unter diesem schwachsinnigen neuzeitlichen Kampf der Religionen & Kulturen gelitten hat.

Wenn ich mich in die eine Richtung drehte fühlt ich mich in Wien. Drehte ich mich um 180 Grad fiel mein Blick auf eine tatsächlich wunderschöne Moschee und einen Markt und es hätte auch irgendwo in Istanbul sein können.

Aber bei dem Versuch diese eigentlich spannende und kulturell bereichernde Buntheit abzustreifen, haben sich die Länder auf dem Balkan einen blutigen Krieg geleistet.

Und Sarajevo war 1 1/2 Jahre eingekesselt und wurde beschossen. Ich traf einen, dessen Vater im Krieg gekämpft hat. Auf der bosnischen Seite. Irgendwann nach dem Krieg waren die beiden in einem See baden. Sein Vater hatte einen Arm verloren. Er traf einen anderen alten Herren, der gerade seine Beinprothese zum Schwimmen abnahmen wollte und die beiden kamen ins Gespräch.

Es stellte sich heraus: Sie hatten an derselben Frontlinie gegeneinaner gekämpft. Und irgendwann fragt der eine: „Warum haben wir eigentlich gekämpft?“

Sie wussten beide keine Antwort darauf und haben sich dann fachgerecht betrunken.

Ich weiß auch keine Antwort, aber ein Teil des Problems beginnt wenn Länder und ihre Führer versuchen die bunte und gebrochene Vergangenheit ihrer Länder mit nationalistisch und religiös verbrämten Unsinn zu übermalen, um etwas künstlich statisches zu konstruieren, was es dann zu VERTEIDIGEN gilt.

Dabei könnte man aus der Vergangenheit lernen, dass Dinge nie einfach bleiben, sondern kommen und gehen und sich beständig verändern wie die Mondphasen.

Aber das widerspricht dem Ego der Führer, denn das heißt auch, dass SIE nicht für immer bleiben können.

In diesem Sinne: Auch Erdogan wird irgendwann weg sein. Ich hoffe, weil sein Schwindel auffliegt. Vielleicht auch einfach nur weil er irgendwann wegen Altersschwäche aufgeben muss. In jedem Fall hoffe ich, dass die Türkei dann eine andere Richtung nimmt und sich auf ihrer bunte und spannende Vergangenheit besinnt.