Der kleine Hafen-Ausflugstipp
Der erste und vielleicht wichtigste Tipp für den Hamburger Hafen ist das richtige Timing. Wer wirklich den Hamburger Hafen erleben will, nutzt am besten den Sonntag.
Komplette Route der Tour auf Google Maps
Unter der Woche ist der Hafen anstrengend und nicht selten verstopft mit Schwerlastverkehr. Am Sonntag ist er einer der ruhigsten und entspanntesten Orte der Stadt und ist am schönsten mit dem Rad zu erkunden.
Aus dem Norden kann man sehr schön durch den alten Elbtunnel in den Hafen fahren und dann an Blohm & Voss vorbei Richtung Süden über den Reiherdamm, bis dieser abbiegt. Dort über eine wirklich merkwürdige Kreuzung mehr oder weniger quer rüber zum Steinwerder Damm, immer Richtung Süden.
Rechts halten auf die Wasserschutzpolizei zu. Ein Feldweg führt direkt am Travehafen nach Süden entlang. Hier bieten sich erste schöne Fotomotive und im Spätsommer kann man sich an Brombeeren sattessen.
Am Ende des Travehafens links über die Bahngleise und unter der Straße durchfahren. Auf den Neuhöfer Damm und dann Rethedamm zur Rethebrücke.
Kurz nachdem man an der Ampel sehr wahrscheinlich sehr unnötig warten musste, kommt auf der Rechten die verrammelte und zerfallende ehemalige Grundschule Neuhof. Zeuge davon, wie der Hafen nach und nach ganze Dörfer überbaut hat.
Rethedamm weiter nach Süden kommen wir schließlich zur Rethebrücke und hoffen, dass sie nicht gerade oben ist. Denn das kann dauern…
Die Rethebrücke ist die größte Klappbrücke Europas, aber sicher nicht die schnellste. Und leider auch nicht die zuverlässigste. Sehr lange stand an derselben Stelle eine ziemlich zuverlässige Hubbrücke. Hubbrücken haben den Nachteil, dass sie eine Maximalhöhe haben, bis zu der sie hochfahren können.
Bei Klappbrücken dagegen gibt es logischerweise keine Höhenbegrenzung. Aber leider sind sie technisch deutlich komplizierter. Das musste auch Barcelona merken. Denn dort im Hafen stand vorher die höchste Klappbrücke Europas. Die ständig ausfiel und so lange Ärger machte, bis man sie schließlich wieder abbaute und durch eine Hubbrücke ersetze.
Da dachte sich die HPA: „Super Idee, machen wir!“
Sie mussten aber schnell erkennen: Auch dem deutschen Ingenieur ist durchaus manches zu schwör. Zum Beispiel Klappbrücken. Seit ihrer „Inbetriebnahme“ ist die Rethebrücke die meiste Zeit mit Problemen außer Klappbetrieb. Hätte man ahnen können, aber wollte man nicht.
Wir aber freuen uns darüber, dass sie wegen der Probleme meist gar nicht geklappt werden kann, was meist freie Durchfahrt für uns bedeutet, schießen ein paar Fotos, dann über die Brücke, Blick auf einen ziemlich coolen Getreidespeicher und ein eindrucksvolles Gleisfeld.
Hohe-Schaar-Straße, dann rechts abbiegen und weiter über den Kattwykdamm. Am besten vor der Ecke bei Kaffeeduft tief einatmen. Denn hinter der Ecke folgt ein Düngebetrieb. Dufthimmel und -Hölle sind im Hafen häufig sehr nah beieinander!
Bei den querenden Schienen der Hafenbahn unbedingt aufpassen. Sie sind schräg zum Radweg und Einfädeln endet gerne mal schmerzhaft. Vor allem wenn man dabei gesichtswärts im Schild endet. Aber das ist eine andere Geschichte…
Jetzt den anständig hässlichen Kattwykdamm runter (die Belohnung kommt gleich) Auf der Linken die riesige Raffinerie von Shell, auch nicht ganz duftfrei.
Endlich auf die neue Kattwybrücke. Denn der Radweg läuft etwas versteckt über einen Donut auf die neue Bahnbrücke Kattwyk. Eine Hubbrücke. Die HPA hat dazu gelernt. Sie musste nach Fertigstellung aber auch erstmal wegen Problemen gesperrt werden. Kein Scherz.
Von der Bahnbrücke hat man einen phantastischen Blick auf den Hafen. Also Kamera oder Handy raus und jeden Meter genießen.
Auf der Südseite übrigens das Kraftwerk Moorburg, das vielleicht sinnloseste und absurdeste Kohlekraftwerk Deutschlands.
Als es gebaut wurde, war der Kohleausstieg im Grunde schon absehbar. Es wurde trotzdem noch durchgeprügelt. Und nur wenige Jahre nach Fertigstellung hat der Betreiber Vattenfall um die vorzeitige Stilllegung gebeten, woraufhin Milliarden Baukosten einfach versenkt waren.
Wer das Kraftwerk anschaut, kann sich den Grund dafür selbst erklären. Denn das erste was auffällt ist der Stummelkühlturm. Dabei steht das Kraftwerk direkt an der Elbe. Da sollte es doch mit Elbwasser kühlen können? Ja, technisch schon, aber BUND und Nabu konnten vor Gericht glaubhaft belegen, dass dies der eh schon unter Stress stehenden Ökologie der Süderelbe den Rest geben würde. Also klagten sie die Wasserrechte erfolgreich weg und man musste einen teuren Kühlturm bauen. Der sollte dann aber wiederum nicht zu hoch sein, um das Hamburger Panorama nicht zu stören. Leider sind aber Kühltürme umso effizienter je höher sie sind.
Also hatte man am Ende ein zwar modernes, aber im Betrieb sehr teures Kohlekraftwerk mit einem ineffizienten Stummelkühlturm. Zu einer Zeit, als die Zeichen längst auf Kohleausstieg standen. Dann gab es aus dem Kohlekompromiss Geld für die vorzeitige Stilllegung. Eigentlich natürlich eher für alte, ineffiziente Kraftwerke gedacht, aber statt dessen ging Moorburg vom Netz, als eines der modernsten Kohlekraftwerke Deutschlands.
Wir aber wenden uns von dem Geldgrab ab und quetschen uns direkt hinter der Brücke durch das Loch im Geländer, rauf auf den Drewer Hauptdeich nach Nordwesten. Neben uns ein aktives Spülfeld. Die Ausblicke werden immer spektakulärer bis wir beim Park Moorburger Elbdeich ankommen, von dem man feinste Ausblicke auf den Container Terminal Altenwerder hat.
Hier bietet es sich an eine Vesper zu machen und sich bei einem gemütlichen Spaziergang durch den Park zu fragen wie genau ein Berg in den Hamburger Hafen kommt? Nun. Aus der Elbe.
Wir stehen zwischen Büschen und Obstbäumen auf Elbschlick. Die Elbe und die Häfen werden permanent und auf Grund der stetig wachsenden Containerschiffe immer weiter ausgebaggert. Und das durchaus belastete Material muss irgendwo hin. Also braucht man riesige Spülfelder, die dann zu Hügeln aufgeschichtet, irgendwann zu Parks werden.
Wir fahren den Drewer Hauptdeich weiter am Zaun von Altenwerder entlang. Wenn er am Ende links abbiegt fahren wir auf einen Radweg Richtung Norden. Parallel zur Altenwerder Hauptstraße.
Dieser führt an einem Teich vorbei, an dessen Ende wir links abbiegen um dann kurz dahinter rechts in den Kirchdorfweg abzubiegen. Uns erwartet die vielleicht größte Überraschung des Hamburger Hafens.
Mitten in der Industrie stehe und in Sichtweite zur A7 befindet sich eine grüne Oase mit Kirche und Streuobstwiese. St. Gertrud, das einzige was von dem einmal sehr schönen Ort Altenwerder blieb. Unbedingt die Umgebung erkunden, es lohnt sich.
Dann schließlich raus aus dem Grünen über „Am Altenwerder Kirchtal“ und „Altenwerder Hauptdeich“ und „Finkenwerder Str.“ durch die leider unvermeidliche Straßenhölle des Hafens. Es ist unübersichtlich, am besten den Radwegschildern und Google Maps Richtung Finkenwerder folgen.
Schließlich rechts auf den Aue-Hauptdeich und ab nach Norden. Unbedingt mal anhalten und ab auf den Deich, den Blick schweifen lassen! Immer rechts am Wasser haltend rollt man komfortabel bei schönen Blicken bis zum Finkenwerder Kreisel, hier die erste rechts Richtung Finkenwerder Landungsbrücken und ab auf die Fähre Richtung Landungsbrücken!
Die fährt alle 15 Minuten also kein Grund zu unnötiger Eile. Etwaige Fischbrötchengelüste lieber für später aufbewahren. (Die Fischbrötchen direkt am Eingang vom alten Elbtunnel Landungsbrücken sind sehr gut)
Denn man muss es leider so sagen: Der Dampfer Imbiss am Finkenwerder Hafen ist selbst für einen Imbiss wirklich empörend schrecklich und nicht mal wirklich günstig.
Zum Abschluss auf der Fähre ordentlich durchpusten lassen und noch einmal dieses wunderbare hanseatisch maritime Gefühl genießen. Schönste Stadt der Welt. Isso.
Viel Spaß!
Gesamtlänge 20 km, der größte Teil asphaltiert.