Schlagwort: Sozial (Seite 2 von 2)

Tür 11: Futurakalender – Gut in Worten

Nach dem Rassismuseklat um das Champions-League Spiel zwischen Paris und Basaksehir von mir ein paar systematische Worte dazu. Der Streit tobt ja nun im Nachhinein darum, was der vierte Offizielle genau gesagt hat. Er verteidigt sich damit, dass er „Negru“ gesagt hätte, also das rumänische Wort für „schwarz“. Aber wäre das besser oder genau so eine Beleidigung und wie lässt sich das logisch einordnen?

Stellen wir uns eine abstrakte Gesellschaft vor, aus insgesamt 100 Menschen. 99 davon weiß, eine Person schwarz. Nun kommen hauptsächlich zwei Effekte zum Tragen: Unsere Differenzwahrnehmung und unsere Automatik bei der Bewertung von Gesichtern. Letztlich ist es kurz gesagt so, dass wir auf die Wahrnehmung von Unterschieden ausgelegt sind. Denn blöd gesagt: Unterschiede machen den Unterschied zwischen Leben und Tod. Dinge, die gleich bleiben sind erst einmal uninteressant, da hier ja wahrnehmbar nichts passiert. Sie können weder zum Vorteil genutzt werden, noch zum Nachteil sein. Aber wenn sich etwas verändert, oder etwas anders aussieht greift unsere Differenzwahrnehmung und sagt: „Schau hin, da ist was anders, das solltest du überprüfen“

Nun kann man in einem Meer aus 99 weißen Menschen unmöglich einen schwarzen NICHT wahrnehmen. Der äußerliche Unterschied ist zu auffällig. Es werden also Augen hängen bleiben und Köpfe drehen. Das ist zu großen Teilen ein instinktiver Prozess, der kaum abstellbar ist.

Da keiner der Weißen für die anderen eine Differenz darstellt, wird es auch keinem von diesen auffallen. Dem einen schwarzen Menschen, dagegen wird es bei 99 Weißen, die ihn als Differenz wahrnehmen STÄNDIG auffallen.

Jetzt kommt ein weiteres Problem zum Tragen: Wir finden erst einmal ohne Erfahrungswerte Menschen vertrauenswürdig, die uns ähnlich sehen. Das schleift sich mit der Zeit ab. Aber: Wir lernen (sofern wir halbwegs gesund aufwachsen) uns selbst zu trauen, trauen unser engen Familie und Freunden, bei Unvertrautem fremdeln wir dagegen auch als Erwachsene – zumindest bis eine Gewöhnung einsetzt. Das passiert aber auch in Jobgesprächen. Bei Wohnungsbesichtigungen. Bei Geschäften.

Folge wieder für 99 Weiße kaum wahrnehmbar, für den einen schwarzen Menschen dagegen STÄNDIG Teil seiner Erfahrung.

Er wird im Mittel schlechter verdienen, er bekommt schlechter eine Wohnung und ihm wird bei Geschäften nicht so sehr vertraut. Er kann sich aber natürlich über die Zeit eine persönliche Vertrauensbasis mit vielen Menschen aufbauen, bis er nicht mehr als different sondern vertraut wahrgenommen wird.

Trotzdem kann man sich vorstellen: Das kann sehr ätzend und sehr anstrengend sein.

Kommen wir damit zu den Worten. Wenn es um Mohr oder N**** geht ist die Lage eindeutig. Es sind Worte, die ursprünglich das „Fremde“ beschreiben sollten aber inzwischen durch Kolonialzeit und Nazizeit so belastet und vergiftet sind, dass ihr Verwendung nicht sinnvoll begründbar ist.

Was ist nun mit „farbig“ oder „schwarz“. Zu „farbig“ möchte ich einwenden, dass die Blue-Man-Group bei ihren Auftritten durchaus „farbig“ ist, aber normale Menschen nicht blau oder lila angemalt sondern in Schattierungen von hell bis dunkel kommen. Und wenn schon farbig, sind fast eher „weiße“ rosa bis rot (Je nach Grad des Sonnenbrandes) – mithin eigentlich farbiger. „Schwarz“ wiederum ist auch irgendwie als Sammelbegriff für alles jenseits von weiß eher unglücklich. Beide Begriffe sind aber immerhin wie analog „weiß“ – was ja letztlich genauso unexakt ist – immerhin sehr nüchtern beschreibend.

Warum können trotzdem beide Begriffe ein Problem sein?

Nun, kommen wir wieder zu unserem Beispiel. Wenn dir von einer Person am Tag gesagt wird, dass du „weiß“ bist ist das kein Problem. Wenn dir von 99 Personen am Tag mitgeteilt wird, dass du „schwarz“ bist – wird dir permanent gespiegelt, dass du „anders“ bist. Der Leidensdruck ist also ein ganz anderer. Zudem sind „schwarz“ und „weiß“ häufig Ausdruck von gedanklicher Trägheit. Es wird jemand unnötig als „schwarz“ bezeichnet, der in dieser Situation z.B. einem Bewerbungsgespräch viel klüger abzugrenzen wäre. Zum Beispiel mit: „Der Bewerber, der einen Doktor gemacht hat.“ Dies kann man sehr wahrscheinlich auch für das Champions-League-Spiel annehmen – wo der vierte Offizielle mit etwas Einfühlungsvermögen und einen Hauch Nachdenken sicher einen bessere und passendere Beschreibung der angesprochenen Person gefunden hätte. Oder vielleicht ganz drauf verzichtet. Er war also nicht aggressiv rassistisch aber quasi passiv unnötig rassistisch – indem er sich keine Gedanken über die Wirkung seiner Aussage auf den Angesprochenen gemacht hat.

Weil wir aber denkfaul sind und jederzeit klare Regeln haben wollen – die es in etwas so lebendigem und kontextabhängigem wie Sprache NIEMALS geben kann ist unsere derzeitige Lösung dieses Dilemmas die Flucht in das Wortdomino. Ein Wort nach dem anderen wird verpönt und soll aus dem Wortschatz gestrichen werden, wobei die Konstrukte irgendwie nicht glücklicher werden. Afroeuropäer z.B. stellt die Herkunft raus – und ich hatte ja immer die Hoffnung, dass wir uns in einer zukünftigen Welt endlich WENIGER über unsere Herkunft definieren. Denn Herkunft war immer eines der übelsten Einfallstore für Abgrenzung und Kriege. Zudem, woher soll ich nun wissen, ob ich wirklich eine afrikanische Herkunft annehmen kann, wo vielleicht eine indische vorliegt? Und es wird wieder einseitig bei dunkelhäutigen Personen eine fremde Herkunft angenommen obwohl wir ALLE letztlich Afroeuropäer sind (Der Mensch ist immer noch in Afrika entstanden) und z.B. ein Teil meiner entfernten Herkunft in Osteuropa liegt. Da müsste ich ja eigentlich Osteuropadeutscher heißen.

Also gehts weiter mit People of colour, was ja irgendwie auch nur „farbig“ auf englisch ist, was sich mir daher wenig erschließt und dann schließlich BPOC oder BIPoC. Also: Black-People-of-Colour bzw. Black-Indigenous-People-of-Colour. Und das heißt nun auch wieder nur Schwarz-(eingeboren)- Farbige. Aber auf englisch und abgekürzt. Das ist semantisch eigentlich auch wieder nur alter Wein in neuen Schläuchen und ich finds komisch wenn ich auf deutsch nur Dinge in einer anderen Sprache „unrassistisch“ ausdrücken kann. Da muss ich sagen verlierts mich. Das KANN nicht sein. Es muss möglich sein in meiner Sprache zu bleiben und trotzdem nicht als Rassist zu gelten. Zudem kann ein Rassist wiederum auch BiPOC als üble rassistische Beleidigung nutzen. Er muss den Kontext nur entsprechend setzen. Und wäre er dann oberflächlich „nicht rassistisch“ weil er ja das „richtige“ Wort gesagt hat. Aber bin ich rassistisch wenn ich sage, dass „schwarze“ mehr wirtschaftliche Teilhabe brauchen? Weil ich das falsche Wort nutze? Das Problem ist also nur scheinbar beseitigt.

Kommen wir daher wieder zum Ursprungsproblem. Das ist:

1. Die unnötige und undurchdachte Benutzung von Begriffen wie „schwarz“ oder „weiß“.

2. Die wirtschaftlichen Nachteile, daraus als „anders“ wahrgenommen zu werden.

Daher schließen sich für mich zwei Dinge:

1. Relevant ist der Kontext. Es gibt Kontexte in denen „schwarz“, „farbig“ oder „weiß“ Sinn macht, z.B. in Gefahrensituationen oder beim Arzt – in vielen sind sie aber ein Ausdruck gedanklicher Trägheit und mangelndem Einfühlungsvermögen. Dies können wir auch mit Begriffswechseln nicht ändern, wir machens nur komplizierter.

2. Wenn „schwarze“ / „farbige“ / BPOC endlich wirtschaftlich besser gestellt werden und in den Hierarchien aufsteigen können – dann kommen sie auch in die Position über andere mitzuentscheiden. Z.B. beim Einstellungsgespräch und dann erledigt sich das Grundproblem zunehmend. Es setzt Gewöhnung ein, die Hautfarbe wird immer unwichtiger und taugt offensichtlich nicht als Abgrenzung.

Daher ist für mich recht eindeutig: Wir müssen keine einzelnen beschreibenden! Worte verdammen – aber der unsinnige Gebrauch außerhalb eines sinnvollen Kontexts gehört durchaus verpönt.

Und wir brauchen endlich mehr anonyme Bewerbungsverfahren und ein strikteres Reglement bei Wohnungsvergaben etc. Wir brauchen also ganz praktische Verbesserungen. Schlicht: Mehr Geld. Mehr Einfluss. Gerade neuere Studien haben wieder gezeigt, dass der „andere“ Name und die „andere“ Hautfarbe bedeutet: Dass man weniger verdient, schlechter ein Wohnung bekommt und sehr viel häufiger im Job überqualifiziert ist.

Um zum Ausgangsbeispiel zu kommen: Deutschland ist und war immer und jederzeit ein Vielvölkerstaat. Wir sind ja längst ethnisch viel gemischter als häufig behauptet und in meinem abstrakten Beispiel. Dabei ist wirtschaftliche Teilhabe der verschiedenen Gruppen der Weg, um sich einen fairen Platz und Anteil SELBST zu erkämpfen. Und sich selbst als Spieler und nicht als Gespielter wahrnehmen zu können. Wir brauchen neue Normalitäten. Das ist harte Arbeit und braucht Sensibilität und Mut auf allen Seiten, ist aber für mich der einzig gangbare Weg.

Denn die ständige, erregte Diskussion um die „jetzt-aber-wirklich-korrekte“ Bezeichnung bei gleichzeitig wirtschaftlichen Kleinhalten wird die Lage nicht verbessern und wir werden uns bei den Diskussionen vermutlich ewig im Kreis drehen.

Daher: Black Chances Matter!

Tür 10: Futurakalender – Meinungsfreiheit (und was wir draus machen)

Futura-Adventskalender Tür 11: Es ist ja leider ein beliebtes Spiel auf allen Seiten der politischen Landkarte, die Meinungsfreiheit gerne nur ins Spiel zu bringen, wenn es um die eigenen Meinungen geht. Denn die sind selbstverständlich von der Meinungsfreiheit gedeckt – während die des politischen Gegners natürlich alle Grenzen bei weitem überschreiten.

Dabei wird gerne vergessen: Meinungsfreiheit ist gesetzlich aus guten Gründen ein sehr weites Feld. Von der Meinungsfreiheit sind auch Meinungen gedeckt, die man mit Fug und Recht als ziemlich arm bis völlig daneben bezeichnen kann. Man muss diese Meinungen nicht gut heißen, man kann gegen ihre Verbreitung ankämpfen – aber wer sie verbieten will begibt sich in Teufels Küche – denn ein Pendel schlägt immer irgendwann zurück. Und dann wird jemand anders DEINE Meinung verbieten wollen.

Ist die Meinungsfreiheit einmal verloren, ist sie das ziemlich gerne und schnell für alle. Besonders schön ist das übrigens bei der AfD zu beobachten, die ihrerseits ungefönt jeglichen Hass im Namen der Meinungsfreiheit raushaut, aber sobald ihr mal ein kaltes Lüftchen entgegen bläst plötzlich zur Wortdiva wird, opfernd in Ohnmacht fällt und ein Ende der Meinungsfreiheit für die anderen herbeischwadroniert.

Man kann vermulich annehmen: Je weniger jemand kritikfähig ist, umso eher weiß er insgeheim, dass seine Meinung auf ziemlich tönernen Füßen steht und reagiert daher allergisch auf jegliche Kritik, die ihm gefährlich werden könnte. Und genau deshalb sollte man das mit Worten und Argumenten entlarven und sich nicht zu unnötigen Verbotsdebatten hinreißen lassen.

Davon ausgenommen ist selbstverständlich Hatespeech, der die gesetzlichen Grenzen überschreitet, Aufruf zur Gewalt, Holocaustleugnung etc. – aber hier ist das Gesetz schon lange eindeutig. Das Problem liegt einzig bei der Durchsetzung auf Facebook, Twitter und co.

Ansonsten gilt ob links ob rechts, ob progressiv ob konservativ: Vieles muss man in einer Demokratie zähneknirschend akzeptieren. Und wenn man klüger ist, lässt man sich nicht zum Schlammcatchen herab sondern nimmt lieber den Wortdegen. Der tut eh mehr weh…😉

Tür 8: Futurakalender – Schilder und ihre Bedeutung

Futura-Adventskalender Tür 8: Wie mich das nervt wenn wieder angeblicher ein „Hamster Infrastrukturprojekt verhindert“. In der Realität der Presse haben sich dann mal wieder Umweltschützer lächerlich gemacht. In der Realität des Umweltschutzes werden aber tagtäglich überall in diesem Land Natur- und Umweltschutzgesetze lächerlich gemacht. Jede noch so kleine Stadt braucht anscheinend ihre Ortsumgehung über die Felder, Autobahnanschluss und Gewerbegebiet im Grünen. Im Gewerbegebiet siedeln sich dann aus der Nachbargemeinde abgeworbene Speditionen an. Und die Ortsumgehung bleibt wegen Quell- und Zielverkehr am Ende gerne weitgehend wirkungslos oder wirkt sogar tödlich, denn merke: Verkehr bringt auch Menschen, und wenn man die Menschen um den Stadtkern herumleitet, kann das den Geschäften so mancher Kleinstadt den Todesstoß versetzen.

Für diese Bauvorhaben wird am Ende fast immer der Naturschutz geopfert. Denn der Weg des geringsten Widerstands führt regelmäßig durchs Landschaft- oder Naturschutzgebiet. Das gehört dem Staat eh schon und die Vögel können keine Bürgerinitiative gründen. Netter Nebeneffekt: Wenn dann NABU und BUND in ihrer Verzweiflung Arten auf der Roten Liste (wie übrigens den FELDhamster) als letztes Bollwerk gegen den Bau nutzen kann man sie noch schön lächerlich machen. Weil sie für so nen blödes kleines Tier Arbeitsplätze gefährden.

Dabei schaffen all diese Infrastrukturprojekte längst keine Arbeitsplätze mehr, sondern verschieben sie nur noch. Immer eine Gemeinde weiter. Sie zerschneiden, zersiedeln und zerfasern unsere ehemals schönen Landschaften und Biotope. Und langfristig gefährden sie durch den Klimawandel unser alle Arbeits- und LEBENSPLÄTZE. Und wirklich komplett lächerlich ist es im Jahr 2020 in Zeiten der Digitalisierung immer noch als einzige Antwort auf jedes Problem Asphalt in die Landschaft zu kippen. Schlechte Pisa-Ergebnisse? Bauen wir ne Autobahn!

Aber der Hamster. Wirklich lächerlich diese Umweltschützer. Haha.
.
.
.
komplette Quellen und Grafik im Buch „Grafiken für eine bessere Welt“ – https://www.m-vg.de/yes/shop/article/20212-grafiken-fuer-eine-bessere-welt/

Tür 7: Futurakalender – wie nachhaltig Deutschland ist

Futura-Adventskalender Tag 7: 2017 summierten sich die Ausgaben für Umweltschutz von Bund, Unternehmen und privaten Haushalten auf 70,4 Milliarden. Das wirkt so lange eindrucksvoll, bis man es in Relation zu dem größtenteils umweltschädigend erreichten Bruttosozialprodukt von 3657 Milliarden im selben Jahr setzt.

Die traurige Realität ist, dass letztlich nur 2 Prozent der Wirtschaftsleistung dafür eingesetzt werden, die Schäden aus der nicht nachhaltigen Wirtschaftskraft Deutschlands oberflächlich zu beheben. Die Sozialausgaben dagegen summieren sich immerhin fast auf eine Billion. Die Nachhaltigkeit steht in Deutschland also auch 2020 nur auf zwei Säulen, die tragfähig genug sind, während die Ökologie als dritte Säule vernachlässig wird. Im derzeitigen Regierungshandeln ist zudem keine Änderung absehbar.

Ohne einen gesunden Planeten wird unsere Zivilisation auf Dauer nicht überleben können, das zeigt sich deutlich beim Klimawandel. Und mit dem Planeten geraten auch Wirtschaft und Soziales in Schieflage, bis das ganze Gebäude in sich zusammenfällt. Die Konsequenzen des Klimawandels zeigen sich längst in Waldsterben und Dürren, Hitzewellen und Starkregenereignisse verursachen Milliardenschäden.

Die Folgekosten unseres derzeitigen Wirtschaftens für heutige und folgende Generationen sind absehbar gigantisch und es gilt längst: It’s the economy that’s stupid!

So sehr wir auch an Details Symptombehandlung betreiben, Abwässer und Abgase reinigen und versuchen, uns mit Ablasshandel ein gutes Gewissen zu verschaffen: Ein System, das auf Raubbau an der Natur und ewigem Wachstum basiert, ist auf Dauer nicht tragfähig. Die Zeit für Symptombehandlung ist längst vorbei, wir brauchen ein neues sozial-ökologisches Haus und zwar besser heute als morgen.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Umweltschutzmassnahmen/_inhalt.html

komplette Quellen und Grafik im Buch „Grafiken für eine bessere Welt“ – https://www.m-vg.de/yes/shop/article/20212-grafiken-fuer-eine-bessere-welt/

Tür 6: Futurakalender – 2100 – ein Großteil der Städte ist im Meer versunken

Futura-Adventskalender Tag 6: Zum Nikolaus ein kleiner Nachtreter – ich hab hier Anfang Oktober gemeint: „Warum nicht einen geplanten kurzen Lockdown vor Weihnachten ankündigen?“ Denn vor Augen hatte ich als Horroszenario genau das was gerade passiert.

Einen soften Möchtegern-Kosumerhaltungslockdown, der infektionstechnisch wenig bringt aber die komplette Unterhaltungsbranche, Musik, Kultur, Restaurants, Dienstleistung maximalmöglichst schädigt und Amazon und co. maximalmöglichst freut. Und eine Bundesregierung, die zur Unzeit, wenn sie es noch nicht mal schafft, die fucking NOVEMBERhilfen vor JANUAR auszuzahlen, schon rödelt, dass es aber bald mal „vorbei sein müsste“ mit dem zahlenden Staat – obwohl der ja noch gar nicht wirklich gezahlt hat. Als würden die zunehmend verzweifelten, von der Arbeit verhinderten Selbstständigen und Kleinbetriebe, der verzogene langzeitstudierende Sohn sein, der Vaddern seit Annudazumal auf der Tasche hängt, weil er statt Studieren lieber Paaarty macht. Die NOVEMBERhilfen bestehen übrigens größtenteils aus Geldern, die bei den Frühlingshilfen übergeblieben sind, weil die Beantragung da so „geschickt“ gemacht war, dass sie von den Selbstständigen komischerweise kaum abgerufen wurden.

Ach und diesmal muss man für die Hilfen belegen, dass 80 % der Einnahmen aus einer Lockdownopferbranche kommen. 80 Prozent. Als würden 50 % Einnahmensausfall für die Pleite nicht reichen. Man wird also für Klugheit und vorrausschauendes Handeln bestraft.

Man hätte einen harten, zeitlich begrenzten, vorgeplanten, vorentschädigten Lockdown machen können. Das Land für 14 Tage in Stasis, danach so gut wie alle Infektionsketten gebrochen und Wirtschaft geringstmöglich geschädigt. Statt dessen nun also das Pflaster aber gaaaanz langsam von der Wunde. Jedes Haar einzeln ausreißen. Und am 10 Januar ist dann aber diesmal wirklich Schluss! Doch, doch.

Also wenn es das Ziel der Wirtschaftspartei CDU gewesen, die Wirtschaft maximal zu schädigen und möglichst viele Querdenker zu erzeugen – dann läufts gerade super!

Und in den Satiremagazinen und in der Presse: „Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, AfD, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona, Corona,…

Ach da war noch was mit Klimawandel, sozialer Gerechtigkeit, Wohnungsnot, Lieferkettengesetz? Oh. Na jetzt ist die Sendezeit um. Schade.

Der Meeresspiegel steigt und wir diskutieren immer noch über Gesichtsmasken.

Ach und schönen Nikolaus.
Euer Captain Futura

Tür 5: Futurakalender – Der versteckte Ohrwurm des Tages

Futura-Adventskalender Tag 5 präsentiert: Der versteckte Ohrwurm des Tages…. 😉

Habt einen wunderschönen entspannten Abend bevor Morgen der Nikolaus kommt. Hoffentlich vorbildlich mit Maske. Sonst sehe ich schwarz, denn wenn der jetzt Corona hat und dann all die Kinder besucht – also das wäre das Superspreading-Event des Jahres…😉
.
.
.
.
.
pssst: Mehr Grafiken im Buch: https://www.m-vg.de/yes/shop/article/20212-grafiken-fuer-eine-bessere-welt/

Monopoly 2020 – Die Steinzeit ruft

Denn ich finds ja immer wieder lustig, wie man bei der leisesten Kritik an unserem derzeitigen System direkt die Steinzeit-Sozialismuskeule drüber kriegt.

Denn Steinzeit, das war – wenn ich mich recht erinner – Menschen, die sich gegenseitig mit Faustkeilen die Schädel einschlagen wobei der Stärkste oder Gerissenste gewinnt und sich fortpflanzt.

Mithin fast fairer als heute, wo schlicht derjenige gewinnt, der am reichsten geboren wird. Denn auch in Deutschland wird längst der Großteil des Vermögens vererbt. Die soziale Durchlässigkeit hat enorm abgenommen. Man wird nur in Ausnahmefällen reich durch Arbeit oder Talent (und wenn meist nur mit Burnout), man wird reich durch Reichtum*.

Und irgendwie ist eigentlich allen klar, dass da gerade was faul ist, aber jeder träumt halt auch ein bisschen davon mal so reich zu sein wie Jeff Bezos und den Traum will man sich halt nicht nehmen lassen. Jetzt höhere Spitzensteuern? NEIN! Das könnte doch mich treffen, in 10 Jahren wenn ich REICH bin!

Das faszinierende an der Situation: Es macht niemanden glücklich. Es ist längst eindeutig erwiesen, dass Glück nur bis zu einem gewissen Vermögen (maximal im unteren Millionenbereich) steigt und ab da sogar wieder abnimmt.

Und das ist auch komplett logisch, wenn man das Leben mal als Spiel betrachtet. Denn wo liegt der Reiz darin wenn man reich geboren das Spiel ja schon vor der Geburt gewonnen hat? Oder arm eh keine Gewinnchancen hat?

Zudem disruptiert eine zu starke Spaltung des Reichtums Gesellschaften und macht sie unfrei. Wenn Menschen nur noch überleben wollen und nichts zu verlieren haben töten und rauben sie irgendwann für was zu essen und die Reichen müssen sich verschanzen, wie bereits in Südamerika zu beobachten. Und ganz ehrlich: Es liegt soviel Zauber darin hinter Stacheldraht in einem Reichengefängnis zu wohnen wie wegen Corona den ganzen Tag zuhause bleiben zu müssen. Es ist kurz ganz cool und dann einfach nur noch ätzend.

Das verrückte daran: Wir wussten das alles schon mal. Es gab mal die Idee der sozialen Marktwirtschaft. Wirtschaftlicher Aufschwung von dem alle profitieren. Die Idee war nicht perfekt, aber ein guter Anfang. Mitentworfen von der CDU damals. Die heute jeden als Sozialist schmäht, der dahin zurück will, weil sie nicht gemerkt hat wie aus sozialer Marktwirtschaft klammheimlich freier Raubtierkapitalismus nach amerikanischem Vorbild geworden ist und „freie Markt“ zur Gottheit wurde und alles auf magische Weise lösen sollte. Die CDU-Führung von heute würde die CDU von damals als „rote Socken“ in der Bild schmähen.

Aber der „freie Markt“ hat kein Ziel, keine Moral, kein Mitgefühl. „freie Markt“ hat nur Profitmaximierung als Ziel. Und der „freie Markt“ wird ohne politische Steuerung zum unfreien Markt weil sich Kartelle und Monopole bilden. Sehr schön bei Amazon und ja auch bei Facebook zu beobachten.

Wie kann es z.B. sein, dass der Staat jetzt Lufthansa mit Milliarden rettet aber sich selber künstlich die Mitspracherecht nimmt, die ihm eigentlich dafür zustünden? Man könnte – wie Frankreich es gerade bei Air France macht – z.B. dafür sorgen idiotisch kurze Inlandsflüge abzuschaffen und dafür die Bahn endlich ordentlich fördern und ausbauen. Statt dessen macht der Staat sich klein und erklärt sich für komplett unfähig Wirtschaft zu lenken. Wirtschaft wohlgemerkt, die bei jeder Krise direkt nach Staatsgeldern schreit.

Wir müssen zurück zu dem Primat der Politik, der DEMOKRATISCHEN Politik. Denn nur Politik als mittelbarer Wille ALLER Bürger kann faire Chancen für alle gewährleisten. Denn nur bei der Politik haben alle EINE STIMME und nicht Jeff Bezos 80 Milliarden und du Minus 500. Und wir brauchen dringend ein Update der sozialen Marktwirtschaft in eine sozial-ökologische Marktwirtschaft. Weil auch der Planet Grenzen hat die wir ENDLICH berücksichtigen müssen.

Denn ganz ehrlich: Im Film sind Dystopien immer irgendwie geil aber so real steh ich doch eher auf Utopien. Die nie ganz real werden aber wenigstens das Schlimmste verhindern.

Denn ganz ehrlich: In der Steinzeit waren wir schon und ich will da nicht hin zurück, nur weil ein paar denken ihnen sollte alles gehören und wir nicht auf die Grenzen des Planeten achten.

Ich für meinen Teil hab jedenfalls keinen Bock stundenlang an einem Faustkeil zu klöppeln, wenn ich statt dessen in einer friedlichen Welt eine wunderschöne Radtour durch Äpfelbäume und Heide machen kann mit einem Cappuccino an der Elbe.

Wer KEINE Visionen hat sollte zum Arzt gehen. Und zwar dringend.

Euer Captain Futura

………………..

Die Arbeit von Captain Futura unterstützen, alle Grafiken und ein eigenen monatlichen Podcast bekommen.

https://www.patreon.com/user?u=32965554&fan_landing=true
.

* Und wird dann durch Ratgeber darüber wie man reich wird noch ein bisschen reicher obwohl ein Satz gereicht hätt: „Such dir vor der Geburt reiche Eltern!“

Konzernkrisenzyklus

Norbert Walter-Borjans, der Grüßaugust von der SPD fordert: Staatliche Unterstützung nur für Konzerne, die keine Steuerflucht betreiben!

Recht hat der Mann. Nur leider wird da ein Scholz und die CDU vor sein und ihren Amigos in den Konzernen die nächsten Milliarden rüberschieben.

Alles streng nach der Logik des Konzernkrisenzyklus. So lange es läuft soll der Staat bitte weg bleiben, bei jeder Gelegenheit wird über die Bürokratie und die Steuerlast in Deutschland geächzt. Und an der Wand immer das Gespenst des Sozialismus. Dabei ist die Steuerlast für Konzerne in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken und die Bürokratie sorgt dafür, dass Deutschland eben noch eine stabiles System ist, auf dass ja letztlich auch die Konzerne angewiesen sind.

Die Mittel aus der gesenkten Steuerlast werden dann genutzt um Arbeitsplätze zu verlagern, die Dividenden an die Aktionäre auf Rekordhöhen zu treiben und Steueranwälte zu bezahlen, die nach (il)legalen Wegen suchen, die Abgaben noch weiter zu senken.

Aber sobald die Wirtschaft einbricht stehen die Lobbyvertreter plötzlich Schlange beim Staat. Staatliche Hilfen jetzt! Und zwar schnell! Abwrackprämie Nr. 28 sofort! Jetzt brauchen wir den starken Staat, der uns rettet und vor der Konkurrenz im Ausland schützt! Plötzlich versteigen sich die Konzernchefs zu Aussagen, bei denen selbst Che Guevara rot werden würde.

Die Frage ist nur: Wo soll der starke Staat das Geld her haben, dass ihm ja die Konzerne in Schritt 1. entzogen haben?

Die logische Folge: Die Staatsschulden steigen ins Unermessliche und die Gelddruckmaschine wird angeworfen, um die Folgen auszufangen.

Die Folge davon ist eine wahre Geldflut, die – sobald es wieder läuft – um den Erdball marodiert weil sie nach geldbringenden Anlagemöglichkeiten sucht und bei den Immobilien, in der Landwirtschaft, im Lebensmittelhandel, im Kunstmarkt oder wo auch immer neue Blasen schafft und die Grundversorgung für den Normalbürger unerschwinglich macht.

Wunderbar zu besichtigen nach der letzten Finanzkrise.

In diesem Sinne: Bitte steigen sie ein! Willkommen zu einer weiteren Runde im Konzernkrisenzyklus!

Die Steuerflucht der Konzerne, die jetzt Hilfen wollen super von der Sueddeutschen aufgearbeitet:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/corona-steueroase-1.4893770?utm_source=pocket-newtab

……..
P.S. Das gilt NICHT oder kaum für den Mittelstand, Kleinunternehmen und Freiberufler. Die können und wollen häufig aus moralischen Gründen bzw. sozialer Verbindung nicht verlagern werden aber unerbittlich von jeder neuen Steuer und jeder neuen Bestimmung voll getroffen und ächzen tatsächlich häufig unter ausufernder Bürokratie obwohl sie letztlich einen Großteil des Wohlstandes dieses Landes schaffen.

P.P.S. Da der Captain Futura trotz aller Bemühungen leider kein Konzern ist schwimmt er wieder Erwarten nicht in Geld. Falls ihr mich unterstützen mögt könnt ihr das zum sozialistischen Einheitspreis für 2 € im Monat bei Patreon tun, bekommt dafür mehr als hundert Grafiken – viele nicht veröffentlicht – Texte, Musik, Euren eigenen Podcast und mehr. Und macht möglich, dass das hier weitergeht! Denn ja, auch an mir geht der Konzernzyklus nicht komplett vorbei. Leider

https://www.patreon.com/user?u=32965554

Neuere Beiträge »

© 2025 Captain Futura

Theme von Anders NorénHoch ↑