Der Park Fiction ist das Wohnzimmer von St. Pauli und auf eine Art urban, dass selbst das Wort urban vor Schreck schamesrot zusammenzuckt und schnell in die Schule läuft um die Oberstufe des Stadtlebens zu wiederholen. Er ist wie magisch verdichtete Urbanität an einem Ort an dem normalerweise vermutlich einfach eine der üblichen Betonprotztreppen wäre. Anders gesagt: Wer nicht im Park Fiction war hat Hamburg nicht gesehen. Jedenfalls nicht das „andere“ Hamburg. Das in dem Menschen in ihrem Dasein und nicht in ihrer Funktion das Sagen haben.

Ermöglicht wurde er durch den Druck einer Anwohnerinitiative, die verhinderte, dass der letzte Rest offener Hafenrand bebaut wurde. Entwickelt wurde er von Anwohnern, Interessierten und Künstlern zusammen und nicht wie sonst so gerne (siehe Hafencity) durch großspurige Stadtplaner die wissen „was gut für euch ist“. Das Gelände ist klein und gar kein Park in eigentlichem Sinne, eben eher die Fiktion eines Parks, aber gerade das macht es so herrlich absurd passend. Direkt an einem der schönsten Hafenblicke gelegen kann man seine Hängematte zwischen zwei Palmen aufhängen oder auf einer der großen Graswellen den Tag vorbei ziehen lassen, während um einen das Leben von St. Pauli tobt. An das Hamburger Wetter angepasst sind die Palmen aus (rostfreiem) Stahl aber das macht es nur noch richtiger im Falschen.

Der Park Fiction ist nicht schön in eigentlichem Sinne, es liegen Müll und Grasscherben herum, natürlich ist die komplette Umfriedung beschmiert und in den abends wabernden Grasdämpfen ist vermutlich schon der ein- oder andere Eppendorfer in Steppjacke und Seglerschuhen in Ohnmacht gefallen und mit einem Gesichtstattoo und in Frage gestellten politischen Ansichten wieder aufgewacht. Aber an wenigen Orten in Hamburg fühlt man sich so herrlich urban gelassen. Sei wie du bist wie du bist, mach dich nicht fertig Junge, das lohnt sich nicht, häng dich lieber an die Reling, schau auf die Docks da drüben oder beobachte die Hafenfähren und die Touriboote wie sie blöde winken und ach Arbeit, was solls, morgen ist auch noch ein Tag. Oder übermorgen. Dazu gibt es natürlich das Feinste von Elektro bis Reggae auf die Ohren. Nicht meine Musik, aber zu dem Ort passt es halt einfach.

Da der Park Fiction so klein ist, ist die eigentliche Show auch nicht das Entdecken des Parks sondern die Menschen, die ihn beleben. Wer schlau ist holt sich vorher am Kiosk was Gemütliches zum Trinken und plant ne Stunde um einfach nur dazusitzen und die Stimmung wirken zu lassen (Für die harten Astra, für alle die ihrem Gaumen nicht zu sehr wehtun wollen lieber ein Ratsherrn Pale Ale und für die ohne Alkohol Apfel- oder Rhabarbersaftschorle von der Lütauer Mosterei – die ist klein und unterstützenswert und der Shit ist sehr lecker). Und ja man darf den Park auch ohne Ganzkörpertattos und Maxi-Piercings betreten. Ich muss es wissen. Ich war da und Nadeln lass ich nur beim Weihnachtsbaum-Aufstellen an mich ran.

Park Fiction hamburgisch erlebt

Die eigentliche Funktion des Park Fiction liegt in dem transzendenten Feld zwischen entspannten, emsigen und sportlichen Nichtstun – kurz dem funktionslosen Füllen der Zeit je nach Gusto der handelnden Person. In deutsch gesagt: Wer gerne „was macht“ um die Zeit zu füllen spielt Basketball oder läuft rum und macht Fotos vom Hafen, wer lieber andere machen lässt hängt sich auf die Wellen oder unter die Palmen und genießt Astra, Pale Ale oder Schorlendingsbums. Wichtig ist nur die Ziellosigkeit des Ganzen: Sonst ist es nicht Park Fiction.

Wenn es genug der Ziellosigkeit ist und man noch niemandem gefunden hat mit dem man über die Aneignung des urbanen Lebensraums oder die politische Lage in den Diktaturen dieser Welt diskutieren konnte bewegt man sich gemächlich die Hafenstraße runter um noch mal besetze Häuser zu schauen. An der Hafentreppe kann man im Vorbeigehen eine unlösbare Gemengelage aus Drogendealern, linker Szene und überfordertem Rechtsstaat betrachten und weiter Richtung Landungsbrücken schlappen. Merke: Die Probleme der Stadt kriegen selten die zu spüren, die die auslösende Ungleichheit herbeiführen – aber dafür haben sie meist umso mehr eine Meinung davon wie man lösen sollte, was nicht zu lösen ist, außer man geht die Ursache an…

An den Landungsbrücken je nach Nervenkostüm noch an die Wasserkante zwischen die Touristen-Hundertschaften oder lieber direkt zur Ubahn. Alternativ kann man natürlich auch vom Park Richtung Reeperbahn oder Schanze oder überhaupt andersherum und vorher in Pauli feiern, dann Park Fiction für den Sonnenaufgang und weiter Richtung Fischmarkt. Aber das ist hier ein Parkführer, ich werde im Leben kein Reeperbahnfan mehr und mir doch egal wie ihr euren Tag gestaltet. Hauptsache ihr macht nix Sinnvolles. Und abgesehen davon werde ich euch bestimmt NICHT sagen wo ich gerne feier sonst isses da am Ende auch noch voll. Also immer brav auf die Reeperbahn zum JungesellInnenabschied, ja?!