Nach fest kommt lohse und das erklärt vermutlich wie Hamburg in großspurigen Worten diesen neuesten Park auf den Hinweistafeln feiert. Man hätte bei der Gestaltung eines komplett neuen Stadtteils in direkter Nachbarschaft zur City die Chance gehabt ein echtes Stück Lebensraum zu gestalten und dem Hafen eine grüne Lunge zu schenken. Statt dessen ist ein schmaler Streifen Grün entstanden und dahinter lässt die Hafencity außer dem rechten Winkel irgendwie die rechte Linie vermissen und wirkt wie ein Sammelsurium von einer Architekturausstellung. Die bestimmende Farbe der Hafencity ist und bleibt das betongrau. Das soll vermutlich abstrakte Weite erzeugen und Weltstadtanspruch zementieren.

Das wird auch so im Lohsepark durchgezogen, der für eine Grünfläche erstaunlich hohe Versiegelungsgrade erreicht. Er ist dabei nicht direkt scheiße, nur halt auch einfach nicht besonders geil. Er hat ziemlich coole Megaschaukeln im Norden, (Props dafür), einen ordentlichen Basketballcourt, dauerhafte Slacklines und einen amtlichen Spielplatz. Er hat auch 500 schon erstaunlich große heimische Bäume (was vielleicht die Afd freut, aber vermutlich auch wieder nicht da auch heimische Bäume Natur sind und der kann man NIE trauen), tolle Panoramen auf seinen südlichen Teilstücken und sogar Irgendwas-mit-Nazis.

Aber Natur oder Seele oder gemütlich hat man leider vergessen. Kommt vielleicht irgendwann mit dem Zerfall, aber derzeit läuft man halt durch, macht Fotos und geht danach irgendwo nen Kaffee trinken wo Stadtplaner nix mehr zu melden haben und die Bewohner das Ruder übernommen haben. Zudem liegt der Lohsepark rein zufällig direkt an der Hauptzugstrecke nach Süden, auf der so ziemlich 100% alle Züge aus Hamburg rausdonnern. So ergibt sich zusammen mit den quietschenden Baukränen ein interessantes Akustikpanorama. Besonders lächerlich ist das nördlichste Ministück wo sowas wie freie Natur sein soll – auf einem Gelände das gefühlt kleiner ist als ein durchschnittliches Hamburger WG-Wohnzimmer.

Kurz: Es fühlt sich ein wenig an wie der Besuch in einer unterkühlten Designer Bude. „Interessant, respekt, schick hier, das muss teuer gewesen sein und Schatz es ist schon sooo spät ich glaube wir müssen los!?“ Das Denkmal zum Hannoverschen Bahnhof wo deportierten Sinti, Roma und Juden gedacht werden soll sieht auch nicht billig aus und feiert einmal mehr den Beton in allen Ausprägungen. Es zeigt viel guten Willen, emotional hinterlässt es soviel bleibenden Eindruck wie der komplette Park. Ja, es gibt Sichtachsen, Reste der Gleise und die Namen aller von hier aus Deportierten. Also alles wie sich das gehört für so ein Denkmal. Und jetzt? Ich kenne niemanden der da steht und sehe keinen Grund seitenweise Namen zu lesen. Im Hintergrund donnern die Züge der Hauptverkehrsader vorbei und mir würden spontan circa 20 Ideen einfallen wie man aus dieser Gemengelage etwas wirklich Bewegendes hätte schaffen können. So bleibt es irgendwie oberflächlich und auf Korrektheit First bedacht. „Wir haben ordentlich Beton hingekippt, es gibt einen Durchgang durch den man schreiten kann, alle Namen sind untergebracht, die Erklärungen sind nicht zu lang und wir haben ein Gedenkstein,…läuft Leute! Holocaustdenkmalcheckliste abgehakt, Wochenende!“

Im Kleinen illustrieren auch die überall im Park platzierten Bänke den Geburtsfehler des Ganzen. Sie sind so konstruiert, dass man auf ihnen steif sitzen kann. In der Sonne liegen ist dagegen maximal ungemütlich gemacht. Vermutlich werden sie aber eh früher oder später von Problemkindern zerlegt und dann werden irgendwann hoffentlich die langweilen Standardmodelle hingebaut. Am spannendsten ist es im Lohsepark noch in den südlichen Ecken und Teilstücken des Parks, hier hat man tolle Ausblicke auf den Hafen und die Bautätigkeiten im Rest der wachsenden Hafencity, den Rest KANN man sich ansehen, muss aber nicht.

Lohsepark hamburgisch erlebt

Mit der U2 vom Hauptbahnhof Nord Richtung Niendorf Markt fahren und zu spät merken, dass man in der beschissenen U4 sitzt die vom selbem Gleis abfährt. Wo man schon mal drin sitzt einfach die 8 Minuten in einer verwaisten Ubahn zur Endhaltestelle „Hafencity Universität“ fahren. Die Haltestelle hat ne nice Lichtshow und ist tatsächlich architektonisch gelungen. In der Haltestelle nicht wie die anderen Verpeilten direkt zum gegenüberliegenden Bahnsteig um den nächsten Zug zurück zu nehmen sondern einfach mal Richtung Ausgang.

Kaum draußen fast von Touristen auf dem Segway umgenietet werden, die hoffentlich die nächste Böe ins Hafenbecken kloppt. Einmal kurz durch den Park nach Norden latschen und die Schaukeln am nördlichen Ende feiern. Wenn der Magen vom Schaukeln leicht flau wird schnell das Denkmal Hannoverscher Bahnhof direkt daneben anschauen. Dann kann man sich einreden das im Magen wäre ein Gefühl und das Denkmal hätte einen emotional hart bewegt. Nach dem dritten vorbeidonnernden ICE Richtung Süden (nicht vergessen ein paar der hässlichen Bänke zu taggen!) und zum Wegbrot coole Hafenpanoramen reinziehen. Über die Baakenhafen Brücke zum Hafencity Viewpoint, Fotos von Elphi (Diese Abkürz. ist so urgs) und co. machen.

Wenn der Hunger kommt Richtung Überseeboulevard und da zu Andronaco für ne Mörderpizza (Der Rest ist o.k. aber nicht sooo geil). Da es leider keine Karten mehr für das Konzert in der Elphi gab statt dessen abends, nachdem man es leid ist über Architekturstudenten zu stolpern, Richtung MS Stubnitz südlich des Lohseparks. Das ist ein alter Frachtdampfer, der zu einem veritablen Partyschiff umgebaut wurde und einen Hauch von Anarchie und vor allem guter Laune in die Betonwüste bringt. Feiern bis die lila Wolken überm Hafen aufziehen, ein letztes Bier an Deck, in die Ferne schauen und feuchte Augen kriegen. Ach Hamburg. Tor zur Welt. Hättest du doch nur nicht so fleißige Stadtplaner.